Rassismus unter den Teppich gekehrt?
Angespuckte Musliminnen mit Kopftuch, die „aufgehängt“ oder „verbrannt“ werden sollen.
Schwarze Menschen, die beschimpft oder ohne triftigen Grund von der Polizei einer „Routinekontrolle“ unterzogen werden und im Gefängnis landen – „Because you are a drug dealer“.
„Ausländer“, die „uns Österreicher aggressiv“ machen.
Moslems, die sich endlich aus dem Land verpissen sollen.
„Scheiß Kanaken“, die „ausgerottet“ gehören. „Scheiß Juden“, „Scheiß Araber“, „Scheiß Moslems“.
Am 21.März 2012 hat ZARA (Zivilcourage-Antirassismus-Arbeit) zum Internationalen Tag gegen Rassismus ihren Report für das Jahr 2011 veröffentlicht, welcher die oben erwähnten Inhalte in seinen Fällen dokumentiert. Insgesamt wurden 706 Fälle erfasst – 39 weniger als im Vorjahr 2010. Das lässt sich dadurch erklären, dass die Vorfälle mit rassistischen Beschmierungen gesunken sind – von 18% auf 8%. Dafür gibt es einen deutlichen Anstieg von 10% im Internetbereich.
Magere Reaktion in der Medienwelt
Trotz einer Pressekonferenz der Organisation ZARA wurde der Anti-Rassismustag eher medial schwach zur Geltung gebracht. Bis auf einige Online-/Print-Medienstellen, sowie Presseaussendungen durch Parteien und deren Mitgliedern, gab es nicht viel zu sehen.
Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz, der für seinen Integrationsbericht letztes Jahr kritisiert wurde, weil er das Thema Rassismus nicht im Rahmen seines Berichts angesprochen hatte, gab ebenfalls ein Statement via OTS ab.
„Antidiskriminierung heißt auch: Leistung ermöglichen und anerkennen; Nicht die Herkunft zählt, sondern die Leistung“, so laut Staatssekretariat für Integration.
Inwiefern die Leistung von „Nichtösterreichern“ oder von „Fremdaussehenden“ von der Gesellschaft ermöglicht und anerkannt wird, veranschaulichen die dokumentierten Vorfälle von ZARA.
Wie aufgeklärt sind wir?
Eine Umfrage von „Eurobarometer“ im Jahr 2009 über Diskriminierungen in der EU hat ergeben, dass nur 16% der Befragten in Österreich wussten, an wen sie sich wenden müssen, wenn sie Opfer einer Diskriminierung werden. Das ist das schlechteste Ergebnis und liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt (33%). Das zweitschlechteste Ergebnis lieferte Bulgarien mit 21%, gefolgt von Polen, Portugal, Lettland mit jeweils 24% usw. – siehe Bericht auf Seite 26.
Dass bei einem fortschrittlichen, modernen Land wie Österreich die Unwissenheit in puncto Rassismus so stark vertreten ist, zeigt einen großen Bedarf an Verbesserungsmaßnahmen und Aufklärungsarbeit.
Wie rassistisch sind wir?
Bei der europäischen Wertestudie vom Herbst 2011 hingegen ist Österreich an erster Stelle zu finden, was die Ablehnung von MigrantInnen anbelangt. In keinem anderen Land werden Menschen anderer Hautfarbe, Muslime und Zuwanderer weniger geschätzt, so die Schlussfolgerung der Studie.
Neben MigrantInnen werden auch Minderheiten wie Juden, Roma,… und Randgruppen ebenfalls mit Skepsis betrachtet.
Ab wann ist Rassismus
Man muss auch hinterfragen, ab wann von Rassismus die Rede ist. Auf der anderen Seite muss unbedingt betont werden, dass Rassismus nicht nur von Inländern aus geht, sondern, dass er auch unter ethnischen Gruppierungen genauso zu finden ist – oder umgekehrt, wo Inländer zum Opfer werden.
Tatsache ist: Wir haben in Österreich ein Rassismusproblem, das wir endlich anerkennen und dagegen gemeinsam ankämpfen müssen. Der Rassismus kennt keine Herkunft und ist somit ein gesellschaftliches Problem.
ZARA Rassismus-Report 2011: http://www.zara.or.at/_wp/wp-content/uploads/2012/03/Zara_RR11_RZ_Web_fin.pdf
EUROBAROMETER 2009: http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_317_sum_de.pdf