„Das große Plus“ – Positive Aspekte der Migration lernen

WEITERE INFORMATIONEN UNTER:

22.06.2011 | 14:16 | Milena Borovska

Ein Unterrichtspaket soll die positiven Aspekte der Migration unter Schülern und Lehrlingen verbreiten. Das Paket ist allerdings nicht unumstritten. Die erste Auflage von 1000 Stück war schnell vergriffen.

Wien. „Mögen sie die Piresen?“ Das war eine Frage, die 2007 bei einer Meinungsumfrage in Ungarn gestellt wurde. Zwei Drittel der Befragten lehnten dort die Zuwanderung der Piresen ab. Allerdings: Die Volksgruppe war nur eine Erfindung der Meinungsforscher.

Geschichten wie diese sind es, die das Unterrichtspaket „Das große Plus“ beinhaltet, das in der Schüler- und Lehrlingsausbildung zum Einsatz kommen soll. „Wir wollen die positiven Seiten der Migration zeigen, entgegen einer überwiegend defizitorientierten öffentlichen Argumentation“, sagt Karl Zarhuber, Generalsekretär des Österreichischen Jugendrotkreuzes (ÖJRK), das mit der Industriellenvereinigung (IV) und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund(ÖGB) das Paket entwickelt hat. Die umfangreiche Mappe gliedert sich in vier Kapitel. Das erste behandelt Vorurteile und deren Entstehung. Im zweiten wird „Migration“ definiert und deren Auswirkungen auf Österreich und Europa besprochen. Das dritte – und umstrittenste Kapitel – ist gleichzeitig das Kernstück des Pakets: Es legt seinen Schwerpunkt auf den Arbeitsmarkt und das Sozialsystem. Das vierte zeigt Migration als Erfolgsgeschichte und Migranten in Medien, Kultur, Wissenschaft und Sport. „Das Neue an diesem Produkt ist, dass die Vorteile der Migration in einer komprimierten und argumentativen Form dargestellt werden“, sagt Zarhuber. Es gehe um gesellschaftliche und wirtschaftliche Beiträge für das Land und nicht „nur“ um die humanitären Bereiche.

Diskussion ins Positive wenden

Ziel des Pakets ist das Drehen der Diskussion über Migration in eine positive Richtung. Deswegen soll die Mappe nicht nur an Gymnasien gehen, sondern vor allem den Weg zu den Schülern an Hauptschulen, berufsbildenden höheren Schulen und zu Lehrlingen finden. Die erste Auflage von 1000 Stück war schnell vergriffen. Für die zweite Auflage gibt es bereits über 400 Reservierungen. Bei anhaltendem Interesse kann es weitere, aktualisierte Auflagen geben. Die Verwendung des Materials ist freiwillig, die Unterlage wird nur auf Bestellung versendet.

Die Unterrichtsmappe ist allerdings nicht unumstritten. Vor allem die Auslegung des statistischen Materials zum Sozialsystem erntete auch Kritik. So sprach etwa Wiens FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus von einer „einseitigen Propagandaschrift“. Zarhuber kann das nicht nachvollziehen: „Wir haben nur objektive Sachinformationen verarbeitet und von unseren Partnern angenommen.“ Für IV-Sprecherin Bohrn geht die Kritik an der Sachebene vorbei: „Es ist ein Faktum, dass Migranten in das Sozialsystem einzahlen, Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft fördern.“ Aber: „Wenn jemand populistisch ansetzen will, so wird er die Daten immer umdrehen können.“

(Milena Boruvska, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 22.06.2011)

 


Kommentieren Sie den Artikel





Weitere Artikel von Milena Borovska