Benefiz-Puppentheater für „Bluter“

INFO:
  • Benefiz am Sonntag, 20.11.2011, von 10:00 bis 17:00 Uhr im Kindergarten „Los Hijos del Sol“, Kopernikusgasse 4, 1060 Wien.
  • Von 10:00h bis 13:00 Uhr findet ein Flohmarkt für Kinderkleidung, Bücher, Spielsachen etc. statt, danach ein spanisches Puppentheater.
  • Der Erlös kommt der Österreichischen Gesellschaft für Hämophilie zu Gute.
  • Anmeldung: www.aespa.at
HÄMOPHILIE
  • Mehr Information über Hämophilie und die ÖHG finden Sie unter www.bluter.at.

19.11.2011 | 17:14 | Carola Bonilla Moreno

Wien. Morgen organisiert der Spanische Verein in Österreich (SVÖ) einen Benefiz Flohmarkt mit Kindersachen im Kindergarten „Los Hijos del Sol“, (Kopernikusgasse 4) in Wien Mariahilf. Am Nachmittag findet zusätzlich ein Puppentheater auf Spanisch statt. Die Einnahmen kommen der Österreichischen Hämophilie Gesellschaft zugute.

Die Österreichische Hämophilie Gesellschaft (ÖHG) ist eine NGO, die Betroffene mit geringem Einkommen bei der Behandlung dieser Blutgerinnungsstörung unterstützt. Bei Menschen, die unter Hämophilie leiden – auch Bluter genannt – gerinnt das Blut gar nicht oder nur sehr langsam. Kleinere Wunden führen daher schon zu größeren Mengen an Blutverlust als bei gesunden Menschen. Es gibt sehr effiziente Behandlungsmöglichkeiten, diese sind jedoch kostspielig. Betroffene, die keinen Zugang zu einer Behandlung haben, haben eine sehr geringe Lebenserwartung. Die Idee der Spanier hier zu helfen stammt daher, weil die ÖHG auch Mitglieder spanischer Herkunft hat, genauso wie vieler anderer Nationalitäten und Leute mit verschiedenen Migrationshintergründen.

Thomas Schindl von der ÖHG sprach mit M-MEDIA über die Hilfe, die sie allen Patienten unabhängig von seiner Herkunft leisten und warum manche Familien mit Migrationshintergrund die Unterstützung nicht in Anspruch nehmen. Die Fragen stellte Carola Bonilla Moreno.

M-MEDIA: Die ÖHG hat ein Programm zur Unterstützung von Patienten mit Hämophilie mit niedrigem Einkommen. Können Sie etwas darüber erzählen?

Thomas Schindl: Durch die ÖHG-Notfallhilfe leisten wir finanzielle Hilfe für Patienten und Patientinnen mit Blutgerinnungserkrankungen (Hämophilie A, Hämophilie B, von-Willebrand-Syndrom) sowie für ihre Familien und Angehörigen, die aufgrund der Erkrankung in eine soziale Notlage geraten sind. Die Unterstützung kann z.B. als Zuschuss zur Miete erfolgen, als Darlehen zu Ausbildungszwecken oder als eine Bezuschussung bei der Anschaffung von dringend benötigten Heilbehelfen und Ähnlichem. Etwa für einen Rollstuhl oder einen behindertengerechten Umbau von Bad und WC.

Die Zahl der eingehenden Anträge ist von Jahr zu Jahr verschieden und unsere Möglichkeiten hängen natürlich von den Spenden ab, die wir aus unseren Aktivitäten dafür gewinnen können. Im Durchschnitt unterstützen wir derzeit etwa 10 Personen regelmäßig und in dieser Form besteht die ÖHG-Notfallhilfe seit ca. 15 Jahren.

Gibt es in der ÖHG Mitglieder mit Migrationshintergrund?

Ja, es gibt einige Mitglieder, die einen Migrationshintergrund haben. Uns sind auch Fälle bekannt, in denen Familien nach Österreich gekommen sind, weil sie in ihren Heimatländern keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung, lebensnotwenigen Blutgerinnungspräparaten und fachkundiger medizinischer Behandlung hatten. Als gemeinnütziger Verein und Interessensverband haben wir diese Menschen immer unterstützt, ganz egal ob jemand aus Deutschland, Spanien, der Ukraine, der Türkei oder Armenien nach Österreich gekommen ist.

Abgesehen davon sind wir auch international gut vernetzt und leisten humanitäre Hilfe im Ausland, sofern es uns möglich ist. Im Rahmen unseres Sommer-Camps für Kinder laden wir jährlich 4 Kinder aus Rumänien ein, nach Österreich zu kommen und hier, zumindest für einige Wochen im Jahr, die medizinische Versorgung zu bekommen, die sie eigentlich bräuchten, in Rumänien allerdings nicht erhalten, weil es dort vor allem an teuren Medikamenten und einer Gesundheitsversorgung mangelt, die für alle leistbar ist.

Wie gehen Sie mit diesen Mitgliedern um? Gibt es Unterschiede mit österreichischen Mitgliedern?

Wir sehen uns als Interessensvertretung für alle Menschen mit Blutgerinnungserkrankungen in Österreich, ganz egal welcher Nationalität, kultureller oder religiöser Zugehörigkeit sie sind. Wir machen da keinen Unterschied. Unser Angebot und unsere Unterstützung gelten für alle gleichermaßen. Wir haben einige sehr aktive Mitglieder aus Armenien, Spanien oder der Ukraine, die regelmäßig zu unseren Veranstaltungen kommen und viel Interesse und Initiative zeigen.

Allerdings gibt es sicherlich negative Unterschiede, die zumeist soziale Ursachen haben. Mit solchen Maßnahmen wie der Notfallhilfe oder unseren psychosozialen Betreuungsangeboten sind wir darum bemüht, diese Unterschiede zu reduzieren. Denn leider bedeuten soziale Unterschiede teilweise noch immer geringere Chancen auf Bildung und Information und damit möglicherweise einen schlechteren Zugang zu medizinischer Behandlung. Wir versuchen da durch Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen gezielt zu helfen.

Im Fall der Hämophilie geht es vor allem darum, dass man die Blutbestandteile, die dem Körper fehlen, intravenös spritzen muss, damit die Blutgerinnung einigermaßen normal funktioniert. Das ist für viele Familien eine große Herausforderung. Stellen Sie sich vor, Sie müssen Ihrem Kind jeden zweiten Tag eine Spritze geben – und dazu auch noch in eine Vene treffen, damit die Behandlung wirkt. Da braucht es viel Rückhalt aus der Familie und dem sozialen Umfeld, um mit dieser Situation zu Recht zu kommen. Im Rahmen unserer Sommer-Camps lernen Kinder ab 10 Jahren, die von der Bluterkrankheit betroffen sind, sich selbst zu stechen und sich diese Präparate alleine zu verabreichen. Erst mit der Selbstständigkeit, die die Kinder dadurch erlernen, ist letztlich die Basis dafür gelegt, unabhängig von Herkunft und Umfeld, in Zukunft selbst für die eigene Gesundheit sorgen zu können.

Gehen Leute mit Migrationshintergrund anders mit ihrer Krankheit um?

Da gibt es sicherlich Unterschiede, die allerdings von Fall zu Fall sehr verschieden sind. Ich meine auch, dass der soziale Aspekt hier ebenfalls eine viel größere Rolle spielt, als etwa der kulturelle oder gar religiöse. Und natürlich hängt es noch viel mehr davon ab, wie jemand individuell mit der belastenden Situation umgeht, unter einer schwerwiegenden Erbkrankheit zu leiden. Da spielen so viele Faktoren mit hinein, das geht bis in die Familien, betrifft die Rollen von Vätern, Müttern, Söhnen und Geschwistern und betrifft vor allem auch das Selbstbild eines Menschen.

Unser Eindruck ist, dass sich Familien mit Migrationshintergrund manchmal etwas schwerer dabei tun, um unsere Unterstützung anzusuchen. Womöglich geht es dabei auch darum, sich oder sein Kind nicht noch zusätzlich zum Status als Migrant/Migrantin als krank oder bedürftig zu „outen“. Vieles bleibt darum in den Familien und dringt oft gar nicht erst bis zu uns vor, was wir sehr bedauern, weil wir – wie jede gemeinnützige Organisation mit begrenzten Ressourcen – nur dort helfen können, wo jemand aktiv auf uns zu kommt. Wenn wir helfen, versuchen wir das natürlich mit dem nötigen Taktgefühl und Augenmaß dafür, wer unsere Hilfe in welcher Form benötigt.


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