Bild von Muslimen als „Terroristen“ hat sich nicht geändert
07.09.2011 | 12:07 | Rusen Timur Aksak
In den Augen junger österreichischer Muslime hat sich seit den Anschlägen von Norwegen kaum etwas am Umgang der Medien mit dem Thema Islam verändert. Es fehlt an Selbstreflexion und Selbstkritik bei den Medien.
Wien. Als am 22. Juli erste Meldungen über den Terror in Oslo auftauchten, standen in der Berichterstattung schnell die Muslime unter Verdacht. Erst später stellte sich heraus, dass ein rechtsextremer Norweger dafür verantwortlich war. Viele Muslime atmeten auf.
„So schrecklich diese Anschläge auch waren“, erinnert sich Merve, eine 23-jährige Publizistikstudentin, „hoffte ich während der Berichterstattung, der Anschlag möge kein islamistisch motivierter gewesen sein.“ Merve wollte die Erfahrungen, die sie nach dem 11.September 2001 gemacht hatte, nicht noch einmal durchleben – die damals 13-Jährige wurde plötzlich wegen ihres Kopftuchs als Bedrohung gesehen.
„Eine Bombe geht irgendwo auf der Welt hoch, und ich soll dafür geradestehen, weil ich ja Muslim bin“, sagt Onur. Der Angestellte in einem Internetshop sehe nur mehr selten Nachrichten, da die schlechten Nachrichten über Muslime immer wieder für Streitereien in seinem Freundes- und Bekanntenkreis sorgen. „Oslo war eine Katastrophe“, meint er, da ihm der fahrlässige Umgang der Medien mit dem Thema islamistischer Terrorismus endgültig bewusst geworden ist. Und weil der Hass von Internetforen und Wahlplakaten nun in der Realität angekommen sei.
Fehlt Medien Selbstreflexion?
„Der Blonde“, wie Onur den Attentäter Anders Breivik nennt, habe durch seine Tat das Tor für weitere solcher Anschläge geöffnet. Und obwohl sich die Medien im Fall der Osloer Anschläge geirrt hätten, sieht Onur keinerlei Veränderung im Verhalten und Auftreten von Journalisten und Experten.
Eine fehlende Selbstreflexion und Selbstkritik der Medien sieht auch Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell vom Institut für Publizistik der Uni Wien im Umgang mit dem Phänomen Islam – die islamische Gefahr würde bewusst großgeschrieben, selbst, wenn es keine Grundlage gebe.
„Ehrlich: Islambashing bringt Auflage für Zeitungen und Stimmen für gewisse Parteien“, bedauert Merve. Sie sieht keine realistische Möglichkeit, dass nach den Anschlägen von Oslo und Utoya eine positive Änderung des Moslembildes in den Medien zu erwarten sei. Die Medien hätten sich im Fall der Norwegen-Anschläge mit einer übereilten Schuldzuweisung zwar „blamiert“. Doch Konsequenzen, meint sie, hätten sie daraus keine gezogen.
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 07.09.2011)