„Der moderne Mann schließt sich dem Feminismus an“

HIN­TER­GRUND:
  • Teil 4 der 16-tei­li­gen Por­t­rät­se­rie „Meine Hände gegen Gewalt".
  • In Koope­ra­tion mit White Rib­bon Öster­reich, dem Ver­ein von Män­nern zur Prä­ven­tion von männ­li­cher Gewalt, hat M-MEDIA am 25.11.2012 (Beginn der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen) eine Por­t­rät­se­rie  gestar­tet, in der wöchent­lich Por­träts von Män­nern mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, die moderne Männ­lich­kei­ten leben und Por­träts von migran­ti­schen Ver­ei­nen, die Bei­träge und Zugän­gen zu Gleich­be­rech­ti­gung und Gewalt­prä­ven­tion leis­ten,ver­öf­fent­licht wer­den.
  • Die Koope­ra­tion wird vom Bun­des­mi­nis­te­rium für Arbeit, Sozia­les und Kon­su­men­ten­schutz geför­dert.

20.12.2012 | 14:34 | Siniša Puktalović

Der Philosoph Ljubomir Bratić plädiert für die Gleichheit der Geschlechter. Männer würden durch Gleichberechtigung nichts verlieren, nur gewinnen. Teil 4 der 16-teiligen Porträtserie “Meine Hände gegen Gewalt”.

Ljubomir Bratić wurde 1964 in Jugoslawien geboren. Im Jahr 1984 übersiedelte er nach Österreich, verbrachte die ersten Jahre in Tirol und lebt seit einigen Jahren in Wien. Der Philosoph, Sozialwissenschaftler, Publizist und Aktivist beschäftigt sich mit zahlreichen gesellschaftlichen Themen, mit denen er sich auch publizistisch auseinandersetzt. In seiner letzten Publikation, die im Jahr 2010 erschienen ist, befasste er sich mit dem Thema Antirassismus.

Ein Archiv der Migration

Derzeit arbeitet er mit einigen KollegInnen an der Historisierung der Migration. Mit seiner Kampagne „Für ein Archiv der Migration, jetzt!“, die er gemeinsam mit seinem Freund Arif Akkilic ins Leben gerufen hat, versucht er der breiten Öffentlichkeit die Notwendigkeit eines Archivs der Migration in Österreich bewusst zu machen. „Heuer hatten wir ein 50-jähriges Jubiläum der österreichischen Anwerbeabkommen und in Österreich ist nichts passiert“, stellt Bratić mit Bedauern fest. Es sei interessant zu hinterfragen „warum das kein Thema ist, obwohl diese Menschen ein wesentlicher Teil der Gesellschaft sind und obwohl die österreichische Gesellschaft ohne diese Menschen gar nicht in dieser Form existieren würde“, sagt Bratić. Der Arbeitskreis „Archiv der Migration“ versucht in den nächsten Jahren so ein Archiv auf die Beine zu stellen, in dessen Rahmen auch ein Museum der Migration angedacht ist.

 

Männer rationell – Frauen emotionell

Neben Antirassimus und Migration beschäftigen Bratić auch Themen der Geschlechterrollen in der Gesellschaft. Machtverhältnisse und gesellschaftliche Strukturen würden „durch die konstruierten Geschlechterrollen“ reproduziert werden, kritisiert der Philosoph. „Es ist kein Zufall, dass die Männer rationell und die Frauen emotionell dargestellt werden. Dass hat schlussendlich auch damit zu tun, welche Position wer in der Gesellschaft einnimmt.“ Männer die auf „alten“ oder „traditionelleren“ Geschlechterrollen beharren, „erhoffen sich dadurch ihre Macht in der Gesellschaft zu erhalten“, so Bratić.

Gewalt als brutales Instrument

Um eben diese Macht innerhalb der Gesellschaft zu erhalten, würden diese Männer Instrumente benützen und eines der brutalsten dieser Instrumente sei die Gewalt. „Es gibt unterschiedliche Formen der Gewalt, die sich auf den unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen anders äußern“ analysiert Bratić. So seien die Formen der Gewalt innerhalb von Institutionen anders, als die Formen der Gewalt innerhalb der Familie. „Die feministischen Theorien haben im 20 Jahrhundert diese Gewaltverhältnisse – als Teil eines strukturellen Zusammenhanges – sehr gut herausgearbeitet.“

Kein Migrantenproblem

Bratić hält nichts von den pauschalisierenden Zuschreibungen, dass Gewalt gegen Frauen ein migrantisches Problem sei. Die verschiedenen Formen von Gewalt würden sich in verschiedenen gesellschaftlichen Schichten unterschiedlich äußern. Und da die MigrantInnen mehrheitlich noch zur Arbeiterschicht zählen, seien die Formen der Gewalt, die dort angewendet werden, durchaus mit der Gewaltanwendung der „österreichischen“ Männer aus der Arbeiterschicht vergleichbar.  Bratić spricht sich klar gegen Gewalt gegen Frauen aus. Der „moderne Mann soll das Prinzip der Gleichheit stets vor Augen haben.“ Dass das ein Ideal darstellt, dessen ist sich der Philosoph bewusst. „Wir leben in einer Gesellschaft, die auf Ungleichheit aufgebaut ist“ gibt Bratić zu bedenken.  Um tatsächlich etwas zu verändern, solle sich der „moderne“ Mann dem Feminismus anschließen. Männer würden durch die Gleichberechtigung der Frauen nichts verlieren. „Das was die Frauen an Gleichheit gewinnen, gewinnt der Mann an Freiheit.“


ein Kommentar

  • Sylvia

    Globale Probleme, Zusammenhänge zu erkennen, dazu gehört ein großer Geist. Danke! Geschrieben um 14. Januar 2013 um 11:45 Uhr Antworten

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