Familienzentrum: Angebote für Kinder und Eltern

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04.11.2009 | 15:08 | Aysun Bayizitlioglu

Das interkulturelle Familienzentrum „Friends“ fördert Integration in der Praxis.

Ich will mit dir einen Drachen bau’n, mit dir einen Drachen bau’n“, sagt das Kind zu seinem Vater im Lied von Udo Jürgens, doch der hat für so etwas niemals Zeit. „Ich wollte nie so ein Vater wie in diesem Lied sein“, erzählt Carlos Roja (48), der mit 17 Jahren aus Chile nach Österreich geflüchtet ist. „Deshalb gehe ich mit meinen beiden Kindern oft ins ,Friends‘ zu Programmen wie „Papa und ich“ oder „Eltern-Kind-Cafe“.

„Friends“ – das ist ein neues interkulturelles Kinder-, Jugend- und Familienzentrum der Kinderfreunde Leopoldstadt, das im heurigen Juni eröffnet wurde. „Wir haben dieses Zentrum gegründet, weil wir mit unseren Aktivitäten Integration in der Praxis leben wollen, nicht nur darüber reden“, beschreibt Projektleiter Günther Leeb. Mit Elternbildungs- und Kinderkulturangeboten, Babyklubs und offenen Treffs sollen vor allem auch die zahlreichen rund um den Karmelitermarkt lebenden zugewanderten Eltern und Kinder angesprochen werden.

Etwa 25 Freiwillige und Experten aus verschiedenen Kulturkreisen engagieren sich ehrenamtlich bei „Friends“, wie die Soziologin Gabriele Stampler. Sie organisiert etwa das „Elternfrühstück“ und gemeinsames Kochen: „Ich bin in diesem Viertel aufgewachsen und wünsche mir, dass Menschen mit und ohne Migrationshintergrund hier nicht nur nebeneinander, sondern miteinander gut leben und sich besser kennenlernen“, sagt Stampler.

Eltern werden aktiv

Auch die russischstämmige Julia Großmann ist engagiert: Sie leitet das „Eltern Kind Café für alle“, das in sieben Sprachen angeboten wird: „Wir möchten Berührungsängste abbauen und Eltern mit und ohne Migrationshintergrund zusammenbringen.“ Auch die Eltern selbst können aktiv werden, eigene Angebote erstellen und ihre Ideen und Wünsche einbringen. Die Angebote sind kostenlos und ohne Anmeldung zugänglich.

Carlos Roja sieht „Friends“ als Eisbrecher – sowohl zwischen Eltern und Kindern als auch innerhalb der Familien des Viertels. Auch Nadiye Yigitsoy (42), türkischstämmige Mutter dreier Kinder, nutzt die Angebote bei „Friends“. Sie wünscht sich, dass mehr Mütter die vielfältigen Angebote nutzen: „Viele Migrantinnen kennen die Angebote im eigenen Viertel gar nicht.“

„Wir bauen unser Programm ständig aus“, erzählt Günther Leeb. So wird es bald einen internationalen Kinderchor geben – und Leseabende, bei denen Geschichten auf Deutsch und in migrantischen Sprachen vorgelesen werden.

Vor Weihnachten stehen dann jeweils am Samstag Perlkunstwerke fädeln, ein Lesenachmittag mit Gratisbüchern und Kekse backen auf dem Programm. Bei allen Veranstaltungen werden mehrere Sprachen gesprochen.

Kinder-, Jugend- und Familienzentrum „Friends“: 1020 Wien, Franz-Hochedlinger-Gasse32, ?0676/3170361

(AYSUN BAYIZITLIOGLU, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 04.11.2009)


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