Firmen entdecken die Mehrsprachigkeit

28.01.2011 | 16:22 | Nasila Berangy

Mehrsprachigkeit ist ein Vorteil im Arbeitsleben, doch viele Menschen mit Migrationshintergrund haben Probleme mit ihrer Muttersprache. Mit Kursen soll Abhilfe geschaffen und die Sprache perfektioniert werden.

 

Wien. „Ich habe meine komplette Schulausbildung in Wien absolviert, das heißt, dass ich Serbisch nicht in der Schule gelernt habe“, sagt Zeljka Ozegovic. Deshalb fällt es der gebürtigen Bosnierin ab und zu schwer, die richtige Satzstellung zu finden oder Fachausdrücke zu verwenden. Sie spreche zwar gut Serbisch, möchte aber ihre Rhetorik verbessern und sich auf Serbisch genauso gut ausdrücken wie auf Deutsch.

Deshalb besucht sie seit Ende September einen BKS-Kurs (Bosnisch, Kroatisch und Serbisch), der 2008 von der Arbeiterkammer ins Leben gerufen wurde und vom Berufsförderungsinstitut (bfi) angeboten wird. Unter dem Titel „Perfektioniere deine Muttersprache“ werden Türkisch, BKS und Polnisch für Migranten angeboten, die ihre Erstsprache nicht gut genug beherrschen. Derzeit arbeitet Ozegovic im Headoffice der Sport- und Designhotels Cube als Sales Coordinator. Den Kurs macht sie, weil sie Verkaufsaktivitäten in Zukunftsländern wie Serbien und Kroatien forcieren möchte.

Bevor die 25-Jährige vor ungefähr einem halben Jahr in den Verkauf wechselte, arbeitete sie im hauseigenen Reisebüro der Vienna International Hotels. Auch dort konnte sie ihre Sprachkenntnisse verwenden. Aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit bekam sie schließlich das Angebot, in die Sales Abteilung zu wechseln.

Wenig Bewusstsein

Ozegovic hatte schon zuvor nach einem Kurs für Muttersprachler gesucht, doch kein passendes Angebot gefunden. Die AK bemerkte diese Lücke und das Interesse der zweiten und dritten Generation. Im Vorfeld des Projektes wurde bei diversen Firmen und Einrichtungen die Nachfrage nach Mitarbeitern mit diesen Sprachkenntnissen in Wort und Schrift erhoben. Die Resonanz war positiv. Und doch klagt Gabriele Schmid, Leiterin der Bildungsabteilung der Arbeiterkammer, dass sich erst langsam ein Bewusstsein dafür einstellt, wie man Kunden und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund zusammenbringen kann.

Dass Firmen die Mehrsprachigkeit ihrer Mitarbeiter erkannt haben, ist für Schmid eine Errungenschaft. Dennoch sei man noch nicht so weit, diese Mitarbeiter auch darin zu unterstützen, ihre Muttersprache zu perfektionieren. Das bfi hat eine Studie erstellt, in der Arbeitgeber nach den Sprachkenntnissen ihrer Mitarbeiter befragt wurden. Ergebnis: Mehrsprachigkeit wird zwar geschätzt und auch gerne genutzt, aber nur wenn die Mitarbeiter diese Kenntnisse bereits mitbringen.

Will ein Mitarbeiter sich weiterbilden, muss er das allzu oft in Eigeninitiative und auf eigene Kosten machen. Eine Hilfe dabei bietet der Bildungsgutschein der Arbeiterkammer in der Höhe von 100 Euro, den jeder Angestellte einmal jährlich bekommt.

Unsicher beim Schreiben

Die meisten der Kursteilnehmer sind berufstätig und gut ausgebildet, weiß Alexandra Hrnjica-Klaus, Produktmanagerin beim bfi. Überwiegend sind sie aus der zweiten oder dritten Generation. Ihre Sprachkenntnisse haben sie in ihrem familiären Umfeld erworben, sind daher im Schriftbereich noch unsicher.

Doch mit Sprachkenntnissen alleine ist es oft nicht getan, viele Firmen wollen Native Speaker, da diese Personen auch besondere Kulturkenntnisse mitbringen. So unter anderem die Firma Immofinanz. Von 220 Mitarbeitern haben rund 60 Migrationshintergrund und stammen aus 18 unterschiedlichen Kulturkreisen. Als eine internationale Unternehmensgruppe mit Tochtergesellschaften in Osteuropa sei man immer auf der Suche nach Native Speakern, sagt Martina Wimmer, oberste Personalverantwortliche der Gruppe: „Die Kulturkenntnisse der Mitarbeiter sind für uns wichtig, da sie die Gepflogenheiten des jeweiligen Landes kennen.“

Und diese Kenntnisse und Fähigkeiten, die Mitarbeiter für ihre Arbeit benötigen, müsse man eben fördern. Das gelte aber genauso auch für Österreicher ohne Migrationshintergrund.

Zusätzlich bietet der Immobilien- und Finanzdienstleister seinen Mitarbeitern auch regelmäßige Deutschkurse an. Dabei geht es um das Perfektionieren der Sprachkenntnisse. Darin sieht die Firma auch eine Unterstützung der Integration der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund.

Deutsch für Reinigungspersonal

Auch die Firma Simacek Facility Management Group, die unter anderem auf Gebäudereinigung spezialisiert ist, startete Mitte Oktober ein kostenfreies Deutschkursangebot direkt am Arbeitsplatz. Dabei werden nicht nur Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt gefördert, sondern auch das Reinigungspersonal.

Damit will die Firma das Ansehen und das soziale Prestige der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund heben. Und letztlich soll die Verbesserung des Sprachenniveaus auch die Mitarbeitersicherheit und die Kundenzufriedenheit steigern. Insgesamt sollen in den ersten sechs Monaten mehr als 50 Mitarbeiter, davon zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer, eine Sprachförderung erhalten. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. (NASILA BERANGY)


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