Japanische Privatschule in Wien: Deutsch spielt keine große Rolle

16.03.2011 | 12:14 | Clara Akinyosoye

Bildung. Die meisten Schüler bleiben nicht in Österreich, sondern gehen mit ihren Eltern nach einiger Zeit wieder nach Japan zurück. Darum hat Japanisch Priorität.

Wien. Es sind Kinder von Diplomaten, UNO-Mitarbeitern oder hochrangigen Mitarbeitern internationaler Unternehmen, die die japanische Schule im 22.Bezirk besuchen. Die 1978 gegründete Schule besteht aus einer Volksschule und einem Gymnasium. Gestern, Dienstag, war der letzte Schultag.

Richtig ausgelassen startet die schulfreie Zeit für die 37 Schüler und 13 Lehrer jedoch nicht. Zwar lebten die meisten nicht im schwer von dem Erdbeben und dem Tsunami verwüsteten Norden Japans, doch die Betroffenheit ist dennoch groß. Unter anderem auch deshalb, weil noch nicht alle bereits Kontakt zu allen Verwandten und Freunden aufnehmen konnten.

Junko Fischer weiß gut, wie es den Schülern und Lehrern hier geht – sie hat den Überblick. Von der Buchhaltung bis zu den Aufgaben einer Direktorin macht sie so ziemlich alles. Auch um die vielen Medienanfragen nach den Geschehnissen in Japan, etwa von TV und Radioanstalten, muss sie sich kümmern. Weil sie die meisten Informationen hat. Aber auch, weil sie sich als Einzige hier auf Deutsch verständigen kann.

Verhandlungssicher beherrscht sie die Sprache zwar auch nicht, räumt sie ein, aber insgesamt reichen ihre Kenntnisse aus. Eine österreichische Lehrerin, die Deutsch und Englisch unterrichtet, gibt es an der Schule zwar schon – allerdings spricht sie wieder kein Japanisch. Wobei: In der japanischen Schule steht Japanisch an erster Stelle. Was die Kinder an der deutschen Sprache verstehen, lässt sich sprichwörtlich an einer Hand abzählen. Fischer: „Sie können leider nur Wörter wie ,danke schön‘ und ,auf Wiedersehen‘.“

Das liegt daran, dass sie meist nicht lange im Land bleiben. Viele kehren nach einigen Jahren mit ihren Eltern wieder nach Japan zurück. Wer dann nicht perfekt Japanisch spreche, so Fischer, bekomme im japanischen Bildungssystem keinen Fuß auf den Boden. Kinder zwischen sechs und fünfzehn Jahren können die japanische Schule besuchen. Doch ältere Kinder würden ihre Eltern oft nicht begleiten, sondern in der Heimat bleiben, so Fischer. „Junge Kinder kommen mit, denn sie haben noch ein bisschen Zeit bis zum Abschluss in Japan.“

Abbruch mitten im Schuljahr

Wenn der Aufenthalt der Eltern beendet ist, brechen die Kinder die Schule einfach ab. Oftmals gehen und kommen Schüler mitten im Schuljahr. Vorwiegend sind es jüngere Kinder. Qualität wird hier großgeschrieben. Das sieht man unter anderem daran, dass es neun Klassen für neun Schulstufen gibt. Mit Konsequenzen: Was in einer öffentlichen Schule niemals als Klasse definiert würde, ist hier gang und gäbe – in der neunten Klasse saß dieses Jahr nur ein Kind. Doch Qualität hat ihren Preis. Das Schulgeld beträgt zwischen 420 und 460 Euro monatlich – Materialkosten exklusive.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.japaneseschool.at

(CLARA AKINYOSOYE, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 16.03.2011)


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