Kurse: Schreiben lernen mit Erlagscheinen

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14.05.2008 | 11:51 | Duygu Özkan

Bildungsinstitute verbinden Alphabetisierung mit Sprachkursen und Zusatzqualifikationen.

Analphabetismus wird oft mit Dummheit gleichgesetzt, was in den meisten Fällen nicht stimmt“, sagt Elke Dergovics, Leiterin der Kurse Basisbildung an der Volkshochschule Floridsdorf. „Das Verdecken dieser mangelnden Kenntnisse ist eine schwere Last“, so die Expertin.

Eine Last, die irgendwann zu schwer wird. Dann nämlich, wenn es zu Veränderungen im sozialen Umfeld kommt. Das kann der Verlust eines Arbeitsplatzes sein, der Behördengänge erforderlich macht, oder die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, die ohne schriftliche Bewerbung kaum möglich ist. Oder: Menschen aus dem persönlichen Umfeld, die bis jetzt bei Schreibarbeiten geholfen haben, stehen plötzlich nicht mehr zur Verfügung. In solchen Fällen wird der Besuch eines Alphabetisierungskurses notwendig.

Dementsprechend gestalten sich all diese Kurse stark alltagsbezogen: „Wir lesen behördliche Briefe oder füllen Erlagscheine aus“, erklärt Dergovics. Damit schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe – Lesen und Schreiben wird geschult und die Teilnehmer lernen den Umgang mit behördlichen Schriftstücken.

Arbeiten lernen am PC

Im Alfa-Zentrum an der VHS Ottakring werden Alphabetisierungs- und Basisbildungskurse ausschließlich für Migranten angeboten. Hier wird den Teilnehmern in vier Stufen neben Schreiben und Lesen auch Deutsch beigebracht.

Nachdem die Kursteilnehmer die Basisqualifikationen erlernt haben, werden aber auch noch andere Kompetenzen gefördert: Rechnen, Arbeit mit dem PC und Wissensvermittlung über Ernährung oder Geografie.

Aber nicht nur reine Analphabeten gehören zur Zielgruppe solcher Kurse. Auch diejenigen, die etwa nur die arabische Schriftsprache beherrschen, müssen sich zuerst Kenntnisse über die lateinischen Buchstaben aneignen, um die deutsche Sprache zu lernen, erklärt Mirko Vrdoljak, Geschäftsführer des Bildungsinstituts Germania.

Im „a bis zett“ – Alphabetisierungszentrum für AfrikanerInnen“ werden die Kurse zunächst auf Englisch und Französisch abgehalten, um den Teilnehmern die Welt der Buchstaben näherzubringen. Erst danach folgen ergänzende Module zum Festigen der Deutschkenntnisse.

Schließlich ermuntert Lehrgangsleiter Mamadou Kone seine Schüler dazu, auch nach dem Kurs eigenständig weiterzuarbeiten. Denn das haben alle Kurse gemeinsam: Nur durch den regelmäßigen Gebrauch lassen sich Lesen und Schreiben, lässt sich eine Sprache richtig erlernen.

(DUYGU ÖZKAN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 14.05.2008)


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