Leichter Deutsch lernen mit Lautschrift

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08.06.2011 | 15:12 | Nasila Berangy

Germanist Goran Novakovic will Lernwilligen mit einer neuen Methode beim Deutschlernen helfen. Sein Rezept hat er nun auch in eine T-Shirt-Kollektion verpackt.

Wien. Nein, die deutsche Rechtschreibung wolle er mit seiner „Umschrift“ nicht abschaffen, sagt der Germanist Goran Novakovic. Aber Menschen, die nur ihre eigene Sprache und Schrift kennen und nur wenige Jahre in der Schule verbracht haben, das Erlernen und die Aussprache einer neuen Sprache erleichtern.

Als Krücke gedacht, sollen deutsche Wörter im Schriftsystem des Bosnisch-Kroatisch-Serbischen (BKS) oder Türkischen geschrieben werden, damit die Lernenden die Wörter fehlerfrei aussprechen. Ein Beispiel: „Bäume“. Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien würden „Baume“ sagen, da sie mit dem Umlaut nichts anzufangen wissen. Würde im Lehrbuch auch noch „Bojme“ stehen, wüssten sie auf Anhieb, wie es richtig ausgesprochen gehört.

Es sei unglaublich frustrierend, wenn man sich im Deutschkurs bemüht, ein Wort richtig auszusprechen – und der Trainer nichts versteht. Durch seine Methode, meint Novakovic, würden die Menschen leichter und schneller die richtige Aussprache lernen.

Auf die Idee gekommen ist Novakovic, als er einen Briefschulkurs für Ex-Jugoslawen hielt. Dort merkte er, dass sich seine Schüler viel leichter mit der Aussprache taten, wenn er ihnen in Klammer die Lautsprache dazuschrieb. Mittlerweile ist er davon überzeugt, dass man dieses System für das Erlernen jeder Sprache verwenden kann. Für den Sprachlehrer eine angemessene Technik für Menschen, die nie zuvor eine andere Sprache gelernt haben. Eine Technik für Anfänger, für den Übergang und nicht auf Dauer.

Passend zu seiner Lehrmethode hat er auch noch das T-Shirt-Label „Vajtundbrajt“ entworfen. Das erste seiner „T-Širts“ hat er gleich für sich selbst behalten – darauf zu lesen ist das Wort „ojforisch“.

Dass jemand seine Mission auch falsch interpretieren könnte, glaubt er nicht. Denn seine Technik wendet er auch bei Deutschsprechenden an, die BKS oder Türkisch lernen wollen. Ihre Anzahl nehme nämlich zu, da es in Österreich viele bikulturelle Ehen gebe.

„Türko-deutscher Tango“

Sein System sieht Novakovic auch als einen schriftlichen Ausdruck und eine Sichtbarmachung der österreichischen Doppelsprachigkeit. Er nennt es „türko-deutschen Tango oder deutsch-serbische Salsa“. Damit verbunden sieht Novakovic eine Anerkennung der Vermischtheit im Alltag – und eine Aufwertung der BKS und der türkischen Sprache.

Auch steckt hinter seiner Idee eine dichterische Vision. Menschen, die weniger gebildet sind, könnten dann tadellos Goethe und Schiller lesen, Österreicher im Gegenzug Gedichte in BKS oder Türkisch vortragen.

Novakovic hat noch eine weitere Vision: Lehrbücher mit Untertiteln in der Lautschrift für alle Sprachen.

 

(NASILA BERANGY, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 08.06.2011)

 


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