Little Burgenland in Amerika

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21.10.2009 | 14:43 | Clara Akinyosoye

Rund 100.000 Menschen mit burgenländischen Wurzeln leben auf dem amerikanischen Kontinent. Viele haben sich ein Heimatbewusstsein erhalten.

Zugegeben, oft vergesse ich den österreichischen Nationalfeiertag“, gesteht Elisabeth Richter, Tochter einer burgenländischen Einwandererfamilie aus Chicago. Geboren ist die 44-jährige Bankangestellte in den USA. Sie definiert sich selbst als „Amerikanerin mit burgenländischen Wurzeln“.

Die jungen Burgenländer sind in den USA „komplexfrei aufgewachsen“, sagt Walter Dujmovits, Präsident der Burgenländischen Gemeinschaft (BG). Das trage auch zum Identitätsbewusstsein als Amerikaner bei. Im Gegensatz zur älteren Generation seien sie mit der Sprache schon aus der Schule vertraut gewesen, so der Präsident.

Die BG macht es sich seit 1956 zur Aufgabe, die Heimatverbundenheit der Burgenländer in aller Welt zu fördern und fungiert als deren Interessensvertretung im Ausland. Der Verein hat Sitze in mehr als zehn Staaten, die meisten davon in den USA.

Doch wie viele burgenländische Migranten gibt es eigentlich in den Vereinigten Staaten? Das ist „schwer festzustellen, man kann ja nicht Köpfe zählen“, so Dujmovits. Seine Erhebungen in den 70er-Jahren ergaben, dass allein in Chicago etwa 30.000 Burgenländer lebten. In der nachfolgenden Studie einer Tirolerin wurde erhoben, dass in Chicago und Umgebung rund 60.000 Menschen mit burgenländischen Wurzeln wohnen.

Unter Berücksichtigung der Verstorbenen und Nachkommen lässt sich die Zahl der Burgenländer auf dem amerikanischen Kontinent auf rund 100.000 Menschen schätzen. Davon leben circa 80Prozent in den USA. Der Großteil davon ist in Chicago (28Prozent) und New York (25Prozent) zu finden.

Wirtschaftsflüchtlinge

Wie es dazu gekommen ist, dass in Chicago mehr Burgenländer leben als in jeder wirklich burgenländischen Stadt? Das ist eine alte Geschichte, die beginnt, wie viele Migrationsgeschichten beginnen: mit der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Wegen der wirtschaftlich schlechten Lage entschlossen sich besonders in den Anfängen des 20. Jahrhunderts große Teile der vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung, das Burgenland zu verlassen. Was schließlich in einer Wirtschaftsflucht nach Amerika endete. Das Reiseziel war das gleiche, die Zukunftsvisionen waren verschieden. Während die einen für immer auswandern wollten, hatten andere nur eines im Sinn: arbeiten, Geld sparen, die Familie daheim unterstützen und dann wieder ab in die Heimat. Doch nur wenige der rund 66.000 Exil-Burgenländer kehrten aus den USA wieder.

Ursprünglich wollte auch Elisabeth Richters Vater nur ein paar Jahre in Chicago bleiben, als er 1955 auswanderte – und seine Frau und seinen Sohn im Burgenland zurückließ. Aber „dann hat er meine Muter doch geholt“, erzählt Richter, „so war es bei vielen Familien“.

In den USA haben österreichische Migranten ein reges Vereinsleben entfacht. Die BG listet allein 14 Vereinigungen burgenländischer Migranten auf. Von ehemaligen Krankenunterstützungs- bis hin zu Sport- und Gesangsvereinen. Ganz klar, die Burgenländer wollen sich ihre Traditionen bewahren. Denn viele dieser Auswanderer, so Dujmovits, sind „Amerikaner geworden, aber Burgenländer geblieben“.

www.burgenlaender.com

(CLARA AKINYOSOYE, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 21.10.2009)


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