Porträt: Mehr als ein Kinderbetreuer

HINTERGRUND:
  • Teil 1 der 16-teiligen Porträtserie „Meine Hände gegen Gewalt".
  • In Kooperation mit White Ribbon Österreich, dem Verein von Männern zur Prävention von männlicher Gewalt, startet M-MEDIA am 25.11.2012 (Beginn der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen) eine Porträtserie, in der wöchentlich Porträts von Männern mit Migrationshintergrund, die moderne Männlichkeiten leben und Porträts von migrantischen Vereinen, die Beiträge und Zugängen zu Gleichberechtigung und Gewaltprävention leisten,veröffentlicht werden.
  • Die Kooperation wird vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gefördert.

25.11.2012 | 13:27 | Silvia Herburger

Manuel Hernández hat es mit Psychologie und Jus probiert. Jetzt folgt er doch seiner Leidenschaft – der Kinderbetreuung. Teil 1 der 16-teiligen Porträtserie „Meine Hände gegen Gewalt“.

Manuel Hernández ist angehender Kindergärtner. Er lebt seit fast sieben Jahren in Wien und verdient seinen Lebensunterhalt schon jetzt damit für Kinder da zu sein. Als Babysitter und Kinderbetreuer ist Hernández einer der wenigen Männer, die sich die Erziehung von Kindern zum Beruf gemacht haben. Die siebenjährige Anna (Name von der Redaktion geändert) fragte den Kinderbetreuer einmal, ob sie und ihre Schwester seine Arbeit seien. Zu erklären, dass er dafür bezahlt werde Zeit mit den Kindern zu verbringen, die ihn liebgewonnen haben, war keine leichte Aufgabe, erinnert sich Hernández. Er versuchte ihr zu erklären, dass sie viel mehr als nur Arbeit für ihn bedeuten. Geboren wurde Manuel Hernández in El Salvador, in Mittelamerika. In Österreich angekommen, begann er eigentlich ein Psychologie-Studium und wechselte dann zu Rechtswissenschaften. Aber bald merkte Hernández, dass all das nicht das Richtige für ihn war. Kindergartenpädagogik stand zu dieser Zeit nur an dritter oder vierter Stelle in seiner Prioritätenliste. Als der heute 27-Jährige Mitte 2009 für ein Jahr in seine Heimat zurückkehrte, nahm er sich Zeit um zu überlegen wie es weitergehen sollte. Er entschied sich schließlich für die Kinder.

Seit September 2012 besucht der 27-Jährige eine berufsbegleitende Schule für Kindergartenpädagogik. Die Ausbildung hat jetzt höchste Priorität im Leben von Manuel Hernández. In der Klasse sind sieben Männer, was einem relativ hohen Anteil von etwa einem Viertel entspricht. Untertags arbeitet Hernández als Kinderbetreuer, am Abend drückt er die Schulbank. Diesen Job, der für ihn viel „mehr ist als Arbeit“, will er bis zum Ende seiner Ausbildung weiter ausüben. Denn er fühlt sich den Kindern gegenüber verbunden und verantwortlich.

Mehrsprachiger Alltag

Mit den Kindern versucht Manuel Hernández den Alltag manchmal auf Spanisch, dann wieder auf Deutsch zu bewältigen. „Die Sprachen vermischen sich einfach, das geht nebenbei.“ Worauf man als Kinderbetreuer achten müsse, sei dass „jedes Kind andere Bedürfnisse hat“, sagt Hernández. Bei seinen Schützlingen – der siebenjährigen Anna und ihrer dreijährigen Schwester – heißt das konkret eine Balance zwischen ihren unterschiedlichen Interessen zu finden. Und das gelänge ihm meistens ganz gut. Vielleicht gerade weil ihm seine Arbeit so viel Spaß macht. Vom Erlernen kindergerechten Jonglierens bis hin zur Erziehung, „wie Kinder erkennen, ob das was sie tun richtig oder falsch ist“, reichen die Aufgabengebiete und Ziele, die sich der Kinderbetreuer auferlegt hat. Von Zwängen und strengen Regeln hält Hernández allerdings wenig. „So funktioniert mein Gehirn nicht“, erklärt der angehende Kindergärtner lapidar. Viele Eltern würden aber lieber nach klaren Vorgaben leben, „weil ihnen das selber weniger Stress bereitet“.  Den Stress, Situationen von Fall zu Fall zu bewerten und nicht auf starren Regelwerken zu beharren, tut sich Hernández gern an. Er räumt aber ein: „Gewisse Regeln und Normen sind durchaus hilfreich.“

Begleiter sein

Dass er Verantwortung für Kinder übernehmen muss, ist ihm nicht fremd. Seine Eltern arbeiteten viel. Sein Vater war überhaupt über weite Strecken abwesend. Während seine sechs Jahre ältere Schwester auf ihn aufpasste, als er klein war, hatte er selbst wiederum ein wachsames Auge auf seinen um sechs Jahre jüngeren Bruder. Das enge Verhältnis ist geblieben. Heute lebt auch Hernández große Schwester in Wien. Manuel Hernández ist also gut vorbereitet auf das Kindergärtner-Dasein. Wenn er über seinen (zukünftigen) Beruf spricht, merkt man, dass er schlussendlich doch die richtige Entscheidung getroffen hat. Hernández: „Ich versuche mehr als ein Betreuer zu sein. Ich will ein Begleiter sein. Jemand, der für die Kinder da ist, wann immer sie ihn brauchen.“


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