Nachhilfe Lerncafé: „Lernen soll Spaß machen“

11.04.2012 | 14:41 | Ida Labudovic

Seit Dezember 2011 betreibt die Caritas in Wien zwei Lerncafés, in denen vor allem Ehrenamtliche Kindern mit Migrationshintergrund beim Lernen helfen. Auch andere Initiativen verfolgen diesen Ansatz.

Wien. „Cold ist kalt und gehört zu feelings; hat ist Hut und gehört zu clothings.“ Die zehnjährige Vici sitzt gemeinsam mit Monika Regius im Lerncafé am Hebbelplatz 5 und übt. Regius war 40 Jahre lang Lehrerin, zuletzt an einer KMS (Kooperativen Mittelschule), seit vergangenem Jahr ist sie in Pension. Doch jeden Dienstag und Mittwoch sitzt sie gemeinsam mit Vici zusammen und geht mit ihr die Schularbeiten durch.
Der Raum, in dem die Kinder lernen, ist bunt und freundlich gestaltet. Auf den Regalen stehen Bücher und Spiele, von Kindergeschichten von Ephraim Kishon bis zu einem Puzzle vom Stephansdom. Auch Stefan ist am Nachmittag hier im Lerncafé. Er versucht gerade, zwei kurze zu einem langen Satz zu verbinden. Ihm steht Elisabeth Sabransky zur Seite, ebenfalls pensionierte Lehrerin.

Es sind vor allem ehrenamtliche Mitarbeiter, Pensionisten, Studenten, aber auch Menschen, die im Beruf stehen, die hier mit den Kindern und Jugendlichen lernen. Und zumindest ein Mitarbeiter der Caritas ist immer dabei. „Unser Ziel ist es, möglichst vielen sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 20 Jahren zu helfen, ihre Defizite zu überwinden, Fähigkeiten und Talente zu entdecken“, sagt Karl Bader, der Leiter des Caritas-Bildungszentrums. „Und überhaupt soll Lernen Spaß machen.“

Bessere Noten erreichen

Lerncafés bieten keine klassische Nachmittagsbetreuung – hier geht es darum, Kinder einzeln zu betreuen, damit sie bessere Noten bei den nächsten Schularbeiten schaffen. Das ist besonders am Ende der Volksschule wichtig, weil sich danach entscheidet, ob das Kind ins Gymnasium gehen kann. Beim Start der Lerncafés war die Zahl von Kindern mit österreichischen Eltern fast gleich hoch wie die Zahl der Migranten. Mittlerweile kommen 90Prozent aus Migrantenfamilien.

Beim ersten Termin müssen sich die Eltern dazu verpflichten, dass die Kinder regelmäßig erscheinen. Ein Kind kommt dann jeweils für zweieinhalb Stunden zum Lernen vorbei. „Das wichtigste ist, dass die Kinder bei uns lernen zu lernen. Ich merke, dass außerhalb der Unterrichtszeit niemals mit Kindern gelernt wurde“, sagt Bader, „das muss man üben.“

„Die Eltern sind am Erfolg ihrer Kinder sehr interessiert, aber es zeigt sich leider auch, dass Eltern sehr wenig mit Kindern zuhause arbeiten“, sagt Djordje Damjanović. In seiner 19-jährigen Praxis hat der Hauptschullehrer mehrere Projekte initiiert, um die Eltern zu aktivieren. Damjanović unterrichtet in der Wiener Mittelschule am Loquaiplatz, wo er das Projekt „Brücken bauen“ betreut. „Wir wollten den Integrationskindern die Möglichkeit geben, dass sie lernen, im Team zu arbeiten, eigene Ideen einzubringen und am Schluss diskutieren zu können.“

Mit Brücken verbinden

Die Schüler mit Sonderprogrammen hätten in kürzester Zeit Erfolgserlebnisse, wenn sie sehen, dass sie aus einem Projekt etwas geschaffen haben, „und das tut ihnen sehr gut“, sagt Damjanović. Brücken bauen, der Titel des Programms steht für sich: Zwischen zwei Ufern kann man vieles verbinden: Kulturen, zum Beispiel. Und dabei auch noch Freunde von der anderen Seite finden.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 11.04.2012)



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