Österreichische Kopten nehmen Gefahr ernst

03.03.2011 | 12:43 | Clara Akinyosoye

Nach den Anschlägen auf Kopten in Ägypten steht das koptische Weihnachtsfest in Österreich am 6. Jänner unter polizeilicher Beobachtung. Aller Gefahr zum Trotz wird aber auf jeden Fall die Heilige Messe gefeiert.

 

Wien. Wenn die koptische Gemeinde in Österreich am Donnerstag ihr Weihnachtsfest feiert, wird die Polizei über sie wachen. Denn für koptische Kirchen gibt es angesichts der aktuellen Terrorgefahr Polizeischutz. Ausgesetzt wird die Messe am Heiligen Abend jedenfalls nicht – trotz des jüngsten Anschlags auf eine koptische Kirche in Alexandria. Nur auf Geschenke und ausgelassene Feiern wird verzichtet. Schließlich befindet man sich in Trauer, so Anba Gabriel, der koptische Bischof in Österreich.

Dass die Kopten nun als potenzielle Angriffsziele für Terror gelten, habe keineswegs für leere Kirchen gesorgt. Im Gegenteil, so Gabriel, es würden mehr Menschen in die Messe und zur Beichte kommen. „Warum auch nicht? Das ist eine gute Gelegenheit das auszunutzen.“

Vergangene Woche war eine Al-Qaida Todesliste aufgetaucht, auf der auch Namen von 15 in Österreich lebenden Kopten stehen. Einer der Betroffenen ist der Fotograf William Tadros, der die Liste zufällig im Internet entdeckt hatte. Nach dem ersten Schock kontaktierte er das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie alle Personen, deren Namen auf der Liste zu finden und ihm bekannt waren.

Gefährliche Extremisten

Das war schon vor mehreren Wochen. Danach beriet man innerhalb der koptischen Gemeinde, wie ernst die Lage zu nehmen sei. Ziemlich ernst, wenn man den Recherchen von William Tadros glaubt. Denn die Gruppe, die hinter der Liste steckt, sei auch „für einen Anschlag auf eine Kirche in Bagdad und den Selbstmordanschlag in Stockholm“ verantwortlich, so Tadros.

Wenngleich man die Gefahr durch islamistische Extremisten nicht unterschätze, zeigt sich Kamal Abd El Nour, Präsident des Vereins „Integration koptischer und österreichischer Freundschaften“, auch ein wenig belustigt. Schließlich fänden sich auf der Todesliste auch Namen von Menschen, die schon längst gestorben seien. „Zudem haben sie „meinen Namen falsch geschrieben“, so Abd El Nour.

Die koptische Kirche ist seit 2003 in Österreich als orientalisch-orthodoxe Kirche staatlich anerkannt. Vier der acht Kirchen befinden sich in Wien, wobei die neueste im 18. Bezirk erst vor einigen Monaten eröffnet wurde. Auch die größte koptische Kirche in Österreich befindet sich in Wien, im 22. Bezirk. Dort findet am 6.Jänner die heilige Messe statt. Der Name „Kirche der heiligen Jungfrau Maria von Zeitoun“ findet sich übrigens ebenfalls auf der Todesliste – nicht nur einzelne Menschen, sondern auch einige Kirchen stehen im Visier der Extremisten.

Dass auch die Namen von Menschenrechtsaktivisten auf der Todesliste stehen, verwundert Abd El Nour angesichts ihres Engagements in Österreich nicht. Es sei eine Botschaft, „dass man andere Kopten nicht unterstützen soll“. Doch genau das haben sich viele Kopten hier zur Aufgabe gemacht. Seit Jahren leisten sie Aufklärungsarbeit und machen auf Menschenrechtsverletzungen in Ägypten aufmerksam. 2010 gab es zum koptischen Weihnachtsfest einen Anschlag auf eine Kirche in Oberägypten. Daraufhin organisierten Kopten in Österreich eine Demonstration in Wien, wo sie auf die prekäre Situation von Christen in Ägypten hinwiesen.

Angst haben Tadros und Abd El Nour aber nicht. Sie vertrauen sowohl auf Gott als auch auf das BVT. Die Beamten würden die Sache ernst nehmen, zeigen sich die Kopten überzeugt. Wäre das ägyptische Innenministerium mit derselben Sorgfalt vorgegangen, meint Kamal Abd El Nour, hätte man den jüngsten Anschlag verhindern können.

Bei allem Lob für das Innenministerium zeigen sich die beiden aber umso enttäuschter vom Außenministerium und der Regierung im Allgemeinen. Während sich in anderen Ländern die Außenminister zur Situation geäußert hätten, vermisse man hier diesbezügliche Stellungnahmen, so Tadros. „Das tut uns weh.“

Von der österreichischen Regierung wünscht er sich mehr Einsatz für die Rechte von Christen in muslimischen Ländern. Auch sollte Österreich die Behandlung der durch den Anschlag schwer verletzten Kopten übernehmen, so der Wunsch. Denn in Ägypten hätten sie keinerlei Chance auf adäquate Behandlung. Der bis dato 22 Toten wird am Sonntag, den 9.Jänner um 9 Uhr in der Kathedrale (Quadenstraße 4) bei einer Trauerfeier gedacht.

Keine Spannungen mit Muslimen

Das Verhältnis zwischen ägyptischen Muslimen und Kopten sei „nicht sehr gespannt“, sagt Samir Schenouda, Vizepräsident des Kirchenrates. Ägyptische Muslime hätten sich „akklimatisiert“. „Sie leben hier und denken anders als jene in Ägypten.“

Das Weihnachtsfest in einem Jahr, so hofft Bischof Gabriel, sollte jedenfalls wieder friedlich und ohne Trauer stattfinden können. Denn wer in Trauer ist, feiert nicht ausgiebig. Und, so meint er schmunzelnd: „Wir sind gewohnt, Geschenke zu bekommen.“ (CLARA AKINYOSOYE)


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