Predigt als Nebenjob – Spenden für Seelsorger

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AUF EINEN BLICK
  • In Österreich sind 13 Kirchen und Religionsgemeinschaften gesetzlich anerkannt. Dieser Akt bewirkt die Verleihung der öffentlich-rechtlichen Rechtspersönlichkeit, auch Privilegien wie Steuervergünstigungen sind damit verbunden.
  • Zuwachs: Nach den Katholiken ist die islamische Glaubensgemeinschaft mittlerweile die zahlenmäßig zweitstärkste Gemeinschaft – etwa 400.000 Menschen in Österreich gelten als Muslime. Wie viele von ihnen diese Religion tatsächlich praktizieren, ist allerdings unklar.

06.08.2008 | 23:49 | Yordanka Hristozova-Weiss

Wie Glaubens-Gemeinschaften abseits des österreichischen Mainstreams die Seelsorge gewährleisten.

WIEN. Prediger von Glaubensgemeinschaften abseits des Mainstreams haben in Österreich etwas gemeinsam: Ihre Entlohnung hängt zu einem Gutteil von Spenden und kleinen Mitgliedsbeiträgen ab – auch dann, wenn sie zu den 13 Religionsgemeinschaften zählen, die in Österreich anerkannt sind. Und deshalb ist es formal oftmals nur eine Nebenbeschäftigung, wenn den Gläubigen der Segen gespendet wird.

Unter diesen Gläubigen bilden die Muslime zweifelsohne die größte Gruppe. Lebten vor zwanzig Jahren hierzulande nicht einmal 100.000 Muslime, so sind es heute viermal so viele. Um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten, vermehren sich auch die Moscheen und Gebetsstätten – was nicht selten auch für Aufregung in der jeweiligen Region sorgt. In Wien gibt es jedenfalls derzeit 55Gebetsstätten, im ganzen Bundesgebiet fast 300.

Bezahlung in Naturalien

„Fast 50 Prozent der Muslime in Österreich kommen aus der Türkei, deshalb werden auch die Imame aus der Türkei geholt“, berichtet Carla Amina Baghajati, Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Angestellt werden sie nicht, sie schließen jedoch einen Vertrag mit dem Verein, der die Moschee bzw. die Gebetsstätte betreibt. „Meistens beinhaltet die Entlohnung der Imame Naturalien. Sie bekommen eine Wohnung und kleine Sachspenden wie beispielsweise Fahrkarten für die Wiener Linien“, meint Baghajati.

Die etwa 400.000 Muslime in Österreich gelten vor dem Gesetz als Mitglieder der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Nur wenige sind registriert und zahlen auch einen Beitrag von 43,60 Euro jährlich. Für aktive Mitglieder reduzieren sich die Summen auf zehn Euro, wenn sie bei der Ausstellung von Urkunden und Bestätigungen (etwa für islamische Vornamen, Heirat oder bei der Stellung zum Militär) helfen.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft legt großes Gewicht auf den muslimischen Sozialdienst. Ziel ist es, diesen Dienst zu institutionalisieren – ähnlich der katholischen Caritas oder der evangelischen Diakonie. Hilfestellung wird zu sämtlichen Fragen geboten – das beginnt schon bei der Frage: Wie könnte mein Kind heißen? „Wegen der deutschen Schreibweise und des Umschreibens von unterschiedlichen Sprachen ist es verständlich, dass Unterstützung gesucht wird“, so Baghajati. Landsleute melden sich sogar, wenn sie durch Österreich reisen, um sich zu erkundigen, wo Fleisch nach islamischer Schlachttradition angeboten wird.

Gesetzlich anerkannt ist auch die Bulgarisch-Orthodoxe Kirchengemeinde „Heiliger Iwan Rilski“. Diese wurde im Jahre 1967 gegründet und betreut heute mehr als 10.000 Landsleute. „Bis zum Jahr 1993 wurden die Gottesdienste in der russisch-orthodoxen Kirche in Wien abgehalten, dann hat uns die Bulgarische Botschaft die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt“, so Pfarrer Ivan Petkin. Er erhält vom bulgarischen Kultusamt in Sofia 500 Euro – elf Mal jährlich. Petkin ist hauptberuflich beim Arbeiter-Samariter-Bund tätig.

Die Kirchengemeinde ist auf die Wohltätigkeit der Gläubigen angewiesen. Nach der Sonntagsliturgie bleiben in der Spendebox manchmal 50, manchmal 100 Euro. Petkin: „Wenn die Leute nicht gezwungen werden, geben sie mehr für die Kirche.“ Für eine neue Kirche sind schon 40.000 Euro gesammelt worden – benötigt werden noch drei Millionen.

Sparsam ist auch die Österreichische Buddhistische Religionsgemeinschaft (ÖBR), die seit 25 Jahren anerkannt ist. Eine Aufwandsentschädigung erhält nur die Sekretärin. Bei der Volkszählung 2001 haben sich 16.000 Menschen zum Buddhismus bekannt, regelmäßig praktiziert wird diese Weltreligion von einigen Tausend mehr. Präsident der ÖBR ist Gerhard Weißgrab, der hauptberuflich im Rechnungswesen einer Bank arbeitet.

Netz des Friedens

Buddhist zu werden ist grundsätzlich kostenlos. Eine einmalige Spende von 30 Euro wird empfohlen, einen laufenden Kultusbeitrag gibt es nicht. Gespendet werden jährlich insgesamt 40.000 Euro. Gebetet wird in privaten Einrichtungen, auf dem Zentralfriedhof und im äußeren Prater am Donauufer befinden sich sie zwei öffentliche buddhistische Kultstätten in Wien. An der Donau steht die Friedenspagode – Geschenk eines japanischen Ordens, der mit Pagoden ein weltweites Netz des Friedens spannen will.

(YORDANKA HRISTOZOVA-WEISS, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 06.08.2008)


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