Ramadan: Wenn tausende Muslime fasten

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02.09.2009 | 19:19 | Clara Akinyosoye

Während des islamischen Fastenmonats gilt für Muslime tagsüber ein Verbot von Essen und Trinken. Das hat seine Härten, dafür klingt jeder Abend mit einem ausgedehnten Festessen aus.

Rund 30 Tage ohne essen und trinken. Erst nach Sonnenuntergang ist Nahrungsaufnahme erlaubt. So halten es gläubige Muslime seit dem 21.bzw. 22. August. Denn ihr Fastenmonat Ramadan ist angebrochen.

Vom Morgengrauen bis Sonnenuntergang verzichten weltweit Millionen Muslime auf Essen und Trinken. Auch Rauchen und Geschlechtsverkehr sind untersagt. 30 Grad ohne erlösenden Schluck Wasser? Mit einem „klaren Ziel vor Augen kein Problem“, meint Tahir S., gebürtiger Jordanier und gläubiger Moslem. „Fasten macht mir Freude“, sagt der Mitarbeiter der Atomenergiebehörde (IAEA). Er leidet weder unter Hitze noch nagenden Hungergefühlen. In der Heimat habe es über 40 Grad – und die Leute halten es auch aus.

Mit der Sichtung der Neumondsichel am Himmel nimmt der Fastenmonat seinen Anfang. Tatsächlich beginnt Ramadan für die meisten Muslime in Österreich jedoch schon vorher, denn in Österreich sieht man die Mondsichel erst Tage später als in den Ländern in Äquatornähe. So orientieren sich viele Muslime an der Sichtung in ihren Ursprungsländern, andere an Mekka. „Und alle haben recht“, sagt Carla-Amina Baghajati, Medienreferentin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.

Dort hat man die Fastenzeit, beruhend auf astronomische Berechnungen, von 21. August bis 20 September angegeben. In Österreich leben rund 400.000 Muslime, davon sollen laut einer Schätzung 80 Prozent die Gebote des Ramadans einhalten, sagt Baghajati.

Vor Sonnenaufgang aufstehen, eine Kleinigkeit essen und trinken, so machen es Muslime im Ramadan – auch Safa Latifa, 31-jähriger Abteilungshelfer in einem Wiener Krankenhaus. An manchen Tagen ist es leichter, an anderen schwerer, meint er. Auch wenn man manchmal wirklich Durst hat, „es ist nicht so schwer, dass ich es nicht aushalten könnte“.

Urlaube fallen ins Wasser

Der islamische Kalender orientiert sich am Mond, deswegen verschiebt sich der Ramadan jedes Jahr um etwa zehn Tage nach vor. Derzeit rückt er immer näher in den Sommer, wo die Tage länger dauern, die Temperaturen höher sind. Jugendliche im Ramadan werden, wie schon dieses Jahr, in den Sommerferien fasten. Und Ramadan mitten im August wird wohl dazu führen, dass Urlaube ins Wasser fallen. Denn auch von Amüsements sollten Muslime im Fastenmonat Abstand nehmen. Deswegen bleibt Latifa mit seiner Frau während des Ramadan meist zu Hause. Es geht aber nicht ausschließlich um das Fasten, auch Beten, Ehrlichkeit und Solidarität mit den Armen stehen im Mittelpunkt.

Den Ramadan müssen jedoch nicht alle Muslime einhalten. Der Koran sieht Ausnahmen vor, so sollten Kranke, Schwangere, Stillende, Frauen, die ihre Menstruation haben, und Kinder nicht fasten. Das gilt für alle Personen, die körperlich nicht in der Lage sind, den Fastenmonat durchzuhalten. Es liegt im persönlichen Ermessen des Gläubigen, zu entscheiden, ob er als Ausnahme gilt oder nicht. Wer gesundheitlich in der Lage dazu wäre, muss die versäumten Fasttage zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Wer allerdings weiß, dass er das nicht kann, sollte für jeden versäumten Fasttag „einen Bedürftigen speisen“. In der Praxis heißt das, dass gespendet werden soll – tunlichst an arme Menschen.

Gegessen wird nach Sonnenuntergang. Viele Muslime richten zu Hause ein umfangreiches Abendessen an (s. unten links) oder besuchen Iftar-Abende in Restaurants (s. unten rechts). Auch in Gebetshäusern treffen Muslime abends zusammen, um gemeinsam zu essen. Besonders Junge nehmen diese Angebote in Anspruch. Baghajati spricht diesbezüglich von einem Trend, der den Alltag von jungen Muslimen widerspiegelt. Sie sind mobil, berufstätig und haben oft keine Zeit, zu Hause zu kochen.

Essen ja, aber nicht völlern

So geht es auch Tahir S. Doch im Ramadan bekommt er öfter als sonst Einladungen von Familie, Freunden und Bekannten. Als Single sei das nun einmal so.

Nach dem Fasttag soll zwar ausreichend gegessen und getrunken werden, um den Körper für den nächsten Tag zu stärken, aber Völlerei sollte nicht betrieben werden. „Tagsüber nichts essen und dann dafür die ganze Nacht“, meint Tahir S., „das hat nichts mit Fasten zu tun.“

(CLARA AKINYOSOYE, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 02.09.2009)


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