Studenten: „Gegen rassistischen Normalzustand“

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02.12.2009 | 15:44 | Günes Koc

Studenten mit Migrationshintergrund und ausländische Studierende sind engagiert in der Studentenbewegung. Ein Lokalaugenschein im Audimax. Es sei notwendig, die spezielle Situation der ausländischen Studierenden anzusprechen.

„Wir sind hier und bleiben hier“, steht auf dem großen Plakat im Audimax. Unterschrift: „International Migrant Movement“. „Gegen den rassistischen Normalzustand“ leuchtet von einer rosaroten Leinwand. Ein kurzer Spaziergang im Audimax reicht aus, um zu verstehen, dass die Studentenbewegung nicht nur für bessere Studienbedingungen kämpft, sondern auch eine rassismuskritische Haltung zum Ausdruck bringt.

Es sei notwendig, die spezielle Situation der ausländischen Studierenden anzusprechen, sagt Ata Celik von der Arbeitsgruppe der Migrantinnen und Arbeitnehmerinnen. Ihre zentralen Forderungen: „Abschaffung der Studiengebühren, aktives Wahlrecht bei ÖH-Wahlen, Erhöhung der Migrantenquote bei Studienvertretungen.“ Celik glaubt an die Durchsetzungsfähigkeit der Bewegung. „Es wird sicher weitergehen. Und auch, wenn wir es nicht schaffen sollten, unsere Forderungen durchzusetzen, haben wir schon jetzt eine starke Solidarität und Organisationsqualität unter uns geschafft“, meint er.

„Ich bin begeistert von der Bewegung, die Studenten sind sehr willensstark“, sagt Rahan, „ich identifiziere mich voll mit dem Motto der Bewegung ,education is not for sale‘.“ Aus Angst vor der Polizei habe er sich aber nicht aktiv für die Bewegung eingesetzt.

Angst vor der Polizei

Wegen seiner türkischen Herkunft sei er in den letzten vier Jahren – seit er in Österreich lebt – einige Male grundlos mit der Polizei aneinandergeraten, meint er. Und er sei kein Einzelfall: „Ich glaube, Angst vor den Behörden treibt ausländische Studierende dazu, passiv zu bleiben und für ihre Rechte nicht aktiv zu kämpfen.“

Eine andere Begründung liefert Reza Gilani, der in der Arbeitsgruppe iranischer StudentInnen aktiv ist. „Es ist die prekäre Situation insbesondere der ausländischen Studenten, die eine aktive Teilnahme verhindert.“ Er selbst zeigt sich jedoch begeistert von der Initiative der Studenten: „Man hat in den ersten Stunden der Audimax-Besetzung gespürt, dass die Leute die Nase voll haben. Und es war wunderschön zu sehen, dass sogar im verschlafenen Wien so etwas möglich ist.“ Allerdings, so meint er, hätten sich durch die Gründung der mehr als 100 Arbeitsgruppen undemokratische Strukturen gebildet, „durch die die Bewegung an Schlagkraft eingebüßt hat“.

Und dennoch, bei den ausländischen Studierenden herrscht großteils Begeisterung über den Aufstand: „Ich bin von der Bewegung beeindruckt“, sagt Behtash, der ebenfalls aus dem Iran kommt und seit drei Jahren in Österreich lebt. „Es ist sehr schön zu sehen, dass Leute sowohl im Iran als auch in Österreich für ihre Rechte auf die Straße gehen.“

(GÜNES KOC, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 02.12.2009)


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