Deutschland: Türkischer Name verringert Jobchancen
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- Ausgabe 2 - Februar/März 2010
09.06.2011 | 15:11 | REDAKTION
Anfang Februar 2010 veröffentlichte das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) die Studie „Ethnische Diskriminierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Ein Feldexperiment“. Aus der Studie geht hervor, dass identische Bewerbungen unterschiedlichen Erfolg haben, je nachdem ob sie von einer Person mit einem deutschen oder türkischen Namen stammen.
Die Forscher der Universität Konstanz, die die Studie durchgeführt haben, ver- schickten in zwei Phasen im Dezember 2007 und Dezember 2008 über 1.000 Bewerbungen auf Praktikumsstellen für Wirtschaftsstudenten. Die eine Hälfte der Bewerbungen trug einen männlichen deutschen, die andere einen türkischen Vor- und Nachnamen. Für beide fiktiven jungen Männer wurde als Staatsbürgerschaft und Muttersprache deutsch angegeben. Es wurden zwei Arten von Bewerbungen verschickt: Die eine enthielt zwei Empfehlungsschreiben von ehemaligen Arbeitgebern, die andere keine sol- chen Schreiben.
Nach der Versendung der Bewerbungen wurden die Ant- worten gezählt und ausgewertet, die per E-Mail, Post oder Telefon eingingen. Die Auswertung des Versuchs ergab, dass die Person mit türkischem Namen eine um 14 % geringere Chance hatte, eine positive Rückmeldung (z. B. Einladung zu einem Vorstellungsgespräch) zu erhalten. Die Chancen waren bei kleinen Unternehmen besonders schlecht. Hier war die Wahrscheinlichkeit, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch zu erhalten, sogar um 24 % geringer.
Die Autoren der Studie führen dies darauf zurück, dass große Unternehmen im Gegensatz zu kleinen Unternehmen meist ein standardisiertes Bewerbungsver- fahren haben, in dem die Bewerbungen im ersten Durchgang nur nach formalen Kriterien, wie Studienfach, Noten oder Arbeitserfahrung sortiert werden.
Starke Unterschiede gab es auch zwischen der Bewerbung mit und ohne Arbeitszeugnisse. Betrachtet man nur die Bewerbung ohne Arbeitszeugnisse, war die Chance des Bewerbers mit dem türkischen Namen auf eine positive Antwort um 28 % geringer als die des Bewerbers mit dem deutschen Namen. Bei den Bewerbungen mit Arbeitszeugnissen waren die Chancen beider Bewerber etwa gleich.
Die Forscher der Universität Konstanz sehen darin eine „statistische Diskriminierung“, die dadurch entsteht, dass Arbeitgeber die Eigenschaften eines scheinbar türkischstämmigen Bewerbers schlechter einschätzen können oder schlechter bewerten. Dies kann jedoch mit Arbeitszeugnissen ausgeglichen werden. Daraus ergibt sich nach Meinung der Autoren ein „Teufelskreis“, aus dem Personen mit Migrationshintergrund nur ausbrechen können, wenn sie mindestens einmal die Chance bekommen, ihre Fähigkeiten zu beweisen.
Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Diskriminierung gegenüber ethnischen Minderheiten in Deutschland laut der Studie nicht auffallend stark. So ergab eine Felduntersuchung in den USA, dass Bewerbungen von Personen mit „weiß klingendem“ Namen eine 50 % höhere Chance auf eine positive Antwort haben als Personen mit „afroamerikanisch klingendem“ Namen. Diese Diskriminierung besteht, obwohl Bewerbungen in den USA zur Vermeidung von Benachteiligungen ohne Fotos eingereicht werden.
Allerdings vermuten die Autoren der Konstanzer Studie, dass die Diskriminie- rung in Bereichen des deut- schen Arbeitsmarktes für geringer Qualifizierte, in denen kein Arbeitskräftemangel besteht, größer ist. Volker Beck, Sprecher für Menschenrechtspolitik, und Memet Kilic, Sprecher für Migrations- und Integra- tionspolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, erklärten, die Studie der Universität Konstanz belege, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz effektiver gestaltet werden und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes endlich aktiv werden müsse.
Die Autoren der Studie sind der Meinung, dass im Sinne einer vollständigen Arbeitsmarktintegration von Zuwanderern ein Umdenken seitens der Arbeitgeber notwendig sei. Erst wenn sie benachteiligten ethnischen Gruppen die Gelegenheit gäben, sich auf dem Arbeits- markt zu beweisen, könnten diese die Vorurteile gegen- über ihrer vermeintlich geringeren Eignung ausräu- men. Dieser Prozess lasse sich durch Gesetze allein nicht erzwingen. Barbara Bils, Osteuropawissenschaft- lerin und Volkswirtin, Vilnius.
Ethnic Discrimination in Germany´s labour Market 2010
ein Kommentar
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Hartmut
Interessanter Post.Habe ein paar gute Gedankenanstoesse bekommen. Freue mich schon auf neue Posts. Geschrieben um 15. Juni 2011 um 22:32 Uhr