Wien: Zehn Jahre systematische Integrationsarbeit

20.11.2014 | 16:19 | Memaran Dadgar Jasmin

Die Integrationsbateilung der Stadt Wien feierte am 10. November ihr zehnjähriges Bestehen. Und seit fünf Jahren schafft die rot-grüne Regierung nicht ein Sprachrohr für MigrantInnen zu initiieren.

Wien – Im Jahr 2004 nahm die Abteilung der Stadt Wien für Integration und Diversität (MA 17) als Folgeinstitution des Wiener Integrationsfonds ihre Arbeit auf. Auf Bundesebene fanden vergleichbare Maßnahmen erst viel später statt. „Integrationspolitik ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und trägt zum guten Miteinander in unserer Gesellschaft bei“, konstatiert Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger. „Die MA 17 fördert Projekte, Maßnahmen und Initiativen, die sich mit Integration beschäftigen“, ist im Leistungsbericht des vergangenen Jahres zu lesen. Doch was bedeutet das?

Kein „Wir “ und „Die“

Wichtiger Ausgangspunkt ist, dass Migrantinnen und Migranten nicht als separate Gruppe jenseits der Mehrheitsgesellschaft gesehen werden. „Diversität bedeutet Vielfalt. Der Diversitätsansatz sieht Zuwanderung und Vielfalt als Normalität, verschließt vor Herausforderungen nicht die Augen und erkennt die Chancen, die sich aus Zuwanderung ergeben. Diversitätspolitik sieht Vielfalt als Bereicherung“, so Frauenberger. Es geht unter anderem darum, ‚neuen’ WienerInnen die Möglichkeiten und Informationen bereitzustellen, um den Alltag genauso wie alteingesessene bewältigen zu können.

Die Schulbank drücken

Als wichtiges Beispiel sind etwa die „Mama lernt Deutsch“-Kurse zu nennen. Mütter von Kindern im Schul- und Kindergartenalter können an kostenlosen, achtmonatigen Deutschkursen teilnehmen, während der Nachwuchs betreut wird.  Seit dem Start haben rund 7500 Frauen das Angebot genützt.

Ein weiteres nennenswertes Projekt sind die muttersprachlichen LesepatInnen. Seit 2013 lesen die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen etwa in Schulen, Kindergärten oder Büchereien Kindern in ihren jeweiligen Muttersprachen vor. So können diese ihre Muttersprachenkenntnisse auch außerhalb der Familie erweitern und werden zum eigenständigen Lesen angeregt. Außerdem ist Stadträtin Frauenberger eine Unterstützerin  diskriminierungsfreier Schulbücher im Bildungssystem.

Mehrsprachigkeit als Vorteil

Mit der Wiener Sprachen-App kann man nicht nur wichtige Alltagsbegriffe wie „Meldezettel“, „Sozialversicherungsbeitrag“ oder „Mietvertrag“ in acht Sprachen nachschlagen, sondern auch unterhaltsame wienerische Ausdrücke lernen und Phrasen wie „Bu gelenlerin hesabını ben ödüyorum“ („Ich zahle eine Runde“) übersetzen.

Was in Wien fehlt: Ein Sprachrohr für MigrantInnen  

Die institutionalisierte zivilgesellschaftliche Stimme von MigrantInnen ist in der Bundeshauptstadt dennoch eine schwache. Existiert in Linz etwa der Migrations- und Integrationsbeirat oder der MigrantInnenbeirat in Graz, wurden in Wien im Dezember 2008 die Subventionen für den Wiener Integrationskonferenz (WIK) gestrichen. Dies hatte deren Auflösung zur Konsequenz. Das Absageschreiben wurde durch die MA 17 unterschrieben. Die Wiener Integrationskonferenz diente als Dachverband für MigrantInnenvereinen und somit als Schnittstelle zur Politik. Seit ihrem Ende hat sich die Rot-Grüne Koalition seit 2010 nicht stark gemacht für eine selbstständige Dachorganisation für Wiener MigrantInnen.

 


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