Weihnachten bei Russisch-Orthodoxen: Ohne Christbaum und Adventkranz

22.12.2011 | 13:08 | Nikolay Vinogradov

Die Weihnachtsfeiertage stehen vor der Tür. Doch nicht alle christlichen Gemeinden feiern Weihnachten am 24. Dezember. M-MEDIA sprach mit Viktor Schilowsky, dem Erzdiakon der russisch-orthodoxen Kathedrale zum hl. Nikolaus in Wien, über Weihnachten in verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften. Nikolay Vinogradov stellte die Fragen.

M-MEDIA: Warum feiert die russisch-orthodoxe Gemeinde Weihnachten am 6. und 7. Jänner und nicht am 24. Und 25. Dezember wie im westlichen Europa?

Die ganze Sache ist eine Kalenderfrage. Die russisch-orthodoxe Kirche, genauso wie die serbisch-orthodoxe Kirche und eine Reihe anderer orthodoxer Kirchen haben die Kalenderreform im 16. Jahrhundert vom julianischen Kalender auf den gregorianischen Kalender nicht mitgemacht. Wir haben noch den alten julianischen Kalender, der jetzt, in diesem Jahrhundert, dreizehn Tage nachhingt. Der 24. Dezember ist nach dem gregorianischen Kalender und nach dem julianischen Kalender erst der 11. Dezember. Wir feiern Weihnachten am 6./7. Jänner, weil am 6./7. Jänner nach dem gregorianischen Kalender der 24./25. Dezember nach dem julianischen Kalender ist.

Hat die russisch-orthodoxe Kirche im Vergleich zu anderen christlichen Gemeinschaften bestimmte Weihnachtstraditionen? 

Die russisch-orthodoxe Kirche kennt keine Adventkränze oder Christbäume. Weihnachten ist ein sehr hoher Feiertag. Die Geburt unseres Herrn wird sehr feierlich begangen und sowohl Ostern als auch Weihnachten, geht eine 40-Tägige Fastenzeit voraus. D.h. wir haben 40 Tage, wo wir uns auf diese Feiertage vorbereiten können, geistlich, seelisch, wo wir mit uns in Einklang kommen können. Wir haben diese Zeit, wenn wir sie nutzen – und wir sollten sie nutzen – zur Verfügung dafür, diesen Feiertag der dann kommt, sei es Weihnachten oder Ostern gebührend mit großer Freude begehen können.

Wie verbringen Sie dieses Jahr Weihnachten?

An und für sich verbringen Kleriker Weihnachten in der Kirche. Das ist immer so. Es geht ja nicht nur um den Weihnachtsfeiertag selber, sondern es gibt einen Tag vorher und am Vorabend Gottesdienste, sowie Mitternachtsgottesdienste. Es gibt am nächsten Tag, am Feiertag selber einen Gottesdienst und dann am Tag nach Weihnachten. In der Familie versuchen wir dann die Zeit zu nutzen, die uns bleibt.

Ist das gegenseitige Beschenken in der russisch-orthodoxen Kirche auch zu Weihnachten üblich?

Geschenke werden auch verteilt. Hier bei uns in der Kirche ist es üblich, dass wir am nächsten Sonntag nach dem Weihnachtsfeiertag eine kleine Feier für die Kinder machen. Da kommt auch der Weihnachtsmann, Ded Moroz auf russisch, und verteilt für die Kinder Geschenke.

Doch der Weihnachtsmann hat ja nichts mit dem christlichen Glauben zu tun?

Das ist an und für sich nicht christlich, aber es ist eine Tradition, die sich erhalten hat. Eine schöne Tradition. Ich finde man sollte solche Traditionen auch nicht unter den Tisch kehren. Doch es hängt eigentlich nicht so wirklich zusammen. Wenn ich sage ich feiere Weihnachten, ich feiere aber den christlichen Feiertag, dann erinnere ich mich an die Geburt Jesu, an den Ursprung unserer Erlösung. Für die Kinder ist es aber was Schönes, wenn man sich gegenseitig beschenken kann. Doch nicht aufgrund der Geschenke, so wie es manchmal im Westen sehr oft der Fall ist. Man verwendet vielleicht hier in Westen mehr die Adventzeit, die eigentlich eine Vorbereitungszeit sein sollte, dafür, dass ich noch mehr Stress habe, noch mehr suche, dass ich jemandem Geschenke finde. So gibt es Menschen, die wissen nicht einmal warum sie feiern und was es für ein Feiertag ist, aber sie müssen Geschenke kaufen. Das ist eine gewisse Diskrepanz.



ein Kommentar

  • Francoise Delamare

    Danke für diesen Atikel. Bin Katholikin und diese Form Weihnachten zu feiern gefallt mir sehr. Speziel die Vorbereitung. In der Praxis endet alles mit Weihnachten, wo es anfangen sollte. LG, Geschrieben um 29. Dezember 2013 um 14:02 Uhr Antworten

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