Weiterbildung: Österreichische Unteroffiziere lernen Religionen kennen

14.11.2012 | 9:03 | Amin Elfeshawi

Österreichs Heer hat eine lange Tradition mit Soldaten verschiedener Religionen. Interreligiöse Bildung ist daher Teil der Ausbildung von Führungskräften.

Wien/Enns. Das österreichische Bundesheer gehört zu jenen Streitkräften in Europa, die bereits eine lange Tradition mit Soldaten verschiedenster Religionszugehörigkeiten haben. An der Heeresunteroffiziersakademie in Enns, wo Unteroffiziere zu Führungskräften ausgebildet werden, steht daher auch interreligiöse Bildung auf dem Programm.

Für die Ausbildung der Unteroffiziere ist Militäroberkurat Stefan Gugerel zuständig. „Unter anderem gehört dazu auch das Kennenlernen der verschiedenen Religionen und Weltanschauungen“, erzählt er. Vor allem seien jene Religionen wichtig, auf die man in den Einsatzräumen des österreichischen Heeres trifft.

Dazu gehören etwa die verschiedenen Formen des Christentums in den Balkanregionen wie auch des Vorderen Orients genauso wie der Islam und das Judentum. „In zweiter Hinsicht ist es für uns auch deshalb so interessant, weil österreichische Soldaten ebenso verschiedenen Religionen angehören.“ Derzeit sind etwa 2,7Prozent aller Angehörigen des Bundesheeres Muslime, der Großteil davon entfällt auf Grundwehrdiener. Und auch bei Kooperationen mit anderen Heeren sind Grundkenntnisse über die verschiedenen Religionen hilfreich.

Muslimische Gastlehrer

Das Ausbildungspersonal für die interreligiöse Weiterbildung von Bundesheersoldaten wird nicht nur durch Philosophen, Pädagogen oder Militärseelsorger gestellt. „Wir arbeiten ebenfalls mit Gastlehrern zusammen, die den verschiedenen religiösen Traditionen angehören“, wie eben auch mit Buddhisten oder Muslimen, die befähigt sind, ihre Religion authentisch darzustellen. „Es geht um das Kennenlernen der wichtigsten Prinzipien und vor allem auch der Ausdrucksformen im täglichen Leben, auf die man im Einsatz Rücksicht nehmen muss.“ Sei es das Erlernen von Vorschriften bei Speisen oder die Kenntnis von Reinheitsregeln, sei es die Frage, welche Orte wie betreten werden dürfen.

Durch den hohen Anteil muslimischer Soldaten im Vergleich zu anderen religiösen Minderheiten im Bundesheer wird auch laufend mit muslimischen Gastlehrern zusammengearbeitet. Sie werden ebenso bei der Gestaltung des Unterrichtsmaterials einbezogen, „insbesondere dort, wo es sich um die gemeinsame Geschichte Europas und Asiens handelt“.

Das österreichische Bundesheer sei bei der interreligiösen Weiterbildung laut Gugerels Einschätzung an der Spitze Europas: „Bereits in der Monarchie wurden Menschen aus den verschiedenen Religionen im Staat auch durch das Militär integriert.“ Und daran und an der interreligiösen Ausbildung der Unteroffiziere würde sich laut Gugerel auch nichts ändern, wenn es einmal ein Berufsheer geben sollte.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 14.11.2012)


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