Wien: EU-Tagung kritisiert mediale Darstellung von Stereotypen

04.03.2014 | 10:29 | Daniela Karina Krenn

Im Rahmen des EU-Projekts „BEAMS“ – „Breaking down European Attitudes towards Migrant/Minority Stereotypes“ haben das Vienna Institute für Internationalen Dialog (VIDC) und das Karl-Renner-Institut zur internationalen Konferenz von 27. bis 28. Februar geladen. Unter dem Motto „Stop watching, start seeing“ geht es am ersten Tag des zweitätigenVeranstaltung vor allem um die Frage, wie sehr Medien zum Produzieren aber auch Fixieren von Stereotypen beitragen.

Der Schwarze ist meistes „exotisch“, der Roma „arm“ und der Asylwerber „kann kein Deutsch. Medien spielen eine große Rolle, wenn es darum geht Stereotypen aufzubauen und rassistische Zuschreibungen zu festigen. Die Konferenzteilnehmer von „BEAMS“ haben sich mit der Bildung der öffentlichen Meinung auseinander gesetzt. Medienschaffende, WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen und humanitäre Organisationen diskutieren in zwei Panels zum einem über die Situation der Roma und Sinti und zum anderen wie Stereotypisierung immer etwas mit Rassismus zu tun hat. Die Panels werden simultan ins Englische übersetzt, meist wird Deutsch gesprochen.

Medien fördern schlechtes Image von Roma und Sinti

Können Sie sich noch erinnern? Vor knapp einem halben Jahr, als Polizisten die kleine Maria aus ihrer Familie nehmen wollten? Die Eltern der Kleinen waren Roma und das passte doch so gar nicht zu dem blondgelockten Engel. „Ein klarer Fall von alten, tiefsitzenden Vorurteilen“, so Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma in Deutschland. Das Klischee von der angeblich „herumziehenden Minderheit“ verdeutlicht auch ein weiterer Fall. Eine deutsche Polizistin wird mit einem Kopfschuss getötet. In Heilbronn, Baden-Württemberg, wo die Tat passierte, wird lange nach dem Täter gesucht. Zuerst bei den Roma und Sinti. Tatsächlich wurde der Mord dann ein Jahr später Rechtsradikalen aus dem nationalsozialistischen Untergrund zugeordnet.

Europa erfindet die „Zigeuner“ – und wer hilft mit? Die Medien. Hier spielen sie als Diebe, Bettler oder Armutszuwanderer die Hauptdarsteller der meisten Berichte. „Roma und Sinti werden von den Medien kriminalisiert“, sagt Mirjam-Angela Karoly, Leiterin der ODIHR Kontaktstelle für Roma und Sinti-Fragen. Medien sind nicht als Sündenbock für die Situation von Minderheiten auszumachen. Auch die Regierungen selbst zeigen wenig bis gar kein Interesse daran, die Situation der Roma und Sinti zu verbessern. Im Gegenteil – Karoly erzählt von einem Polizeiregister in Schweden, welches Finderabdrücke sammelt. Und zwar ausschließlich von Roma und Sinti. Sogar von kleinen Kindern würden Fingerabdrücke gemacht.

Die Globalpost fasst einige rassistische Aussagen europäischer und kanadischer Politiker zusammen. Jean-Marie Le Pen, der Präsident der französischen Front National, ist dort zum Beispiel zitiert, wie er Roma als „stinging, let’s say stinking presence in the city“ bezeichnet (Übersetzung: stechendes, sagen wir stinkendes Erscheinungsbild in der Stadt). Oder Zsolt Bayer, der Mitgründer der ungarischen Fidesz Partei, der Roma überhaupt gleich als Tiere sieht.

„Roma trauen sich nicht mehr zu sagen, dass sie Roma sind!“, so Gilda Horvath, ORF Journalistin und Aktivistin. Im Herbst 2011 startete Harri Stojka eine Plakataktion. „Ich bin gegen das Wort „Zigeuner““ stand auf diesen Plakaten. „Das allein genügt noch nicht. Die Politik muss sich endlich ganz klar hinter die Roma und Sinti stellen. Solange das nicht passiert, wird sich nichts ändern. Aber Politiker haben ja Angst, dass sie Stimmen verlieren könnten. Es ist politisch „unsexy“ für Roma und Sinti zu sein.“, empört sich Horvath.

Und wie „populär“ sind Roma und Sinti in den Medien? „In der Castingshow „Deuschland sucht den Superstar“ wurde Medowin Fröhlich Zweiter. Er ist aus einer Sinti-Familie. Genauso wie Sido, der deutsche Rapper. Aber „Roma-Promis“ werden als „anders“ wahrgenommen gegenüber allen nicht prominenten Roma und Sinti.“, sagt Horvath. „Das darüber keiner spricht, ist typisch. Wenn es einen negativen Kontext gibt, dann fressen es die Medien. Wenn es etwas Positives zu berichten gäbe, gehen sie einfach drüber.“

Werbewirksamer Rassismus

„Schon auf dem Weg zu dieser Veranstaltung sind mir zwei Plakate aufgefallen, die eigentlich alles, was ich hier sagen wollte, erklären. Das erste ist das Werbeplakat für Andre Hellers Show „Afrika, Afrika“, das andere Plakat wirbt für „Licht für Afrika“.“, sagt Peggy Piesche, Kultur- und Literaturwissenschaftlerin der Universität Bayreuth. „Es gibt Werbung für Schwangere, RaucherInnen, KatzenlieberhaberInnen, nicht aber für Schwarze. Schwarz kauft nicht, lässt sich aber gut verkaufen. Das Image des Schwarzen vermittelt das Natürliche, das Wilde. Das ist Finanzstrategie!“, so Piesche.

Bis jetzt hat es nichts gebracht, immer wieder die gleichen alten Bilder und Images zu besprechen und zu zeigen. Damit setzen sie sich nur noch mehr in den Köpfen fest. „Wir müssen andere Bilder verbreiten. Gemeinsam.“, ist das Prinzip von Beatrice Achalecke, Geschäftsführerin von Diversity Leadership. „Das wir früher andere Bilder gelernt haben, ist keine Entschuldigung dafür, dass wir sie heute noch so verwenden. Heute sind wir mündig. Ich fordere Sie auf, lassen Sie den Rassismus raus!“, ruft sie ins Publikum.

Einen anderen, sehr direkten Zugang auf Rassismus und Ausgrenzung hat das Biber-Magazin. „Wir spielen mit Vorturteilen, spitzen sie zu und decken sie dadurch auch auf.“, sagt Delna Antia, Chefin vom Dienst von Das Biber. Kürzlich machten sie ein Ratespiel über „Mischlinge, erkennst du den Mix?“. Durchgehend auf Begeisterung sind sie damit nicht gestoßen. „Manche Bezeichnungen kann man nicht „entpowern“.“, meint Piesche. Auch das Publikum ist sich nicht einig. Einem Mann „tun die Begriffe Mischlinge und Minderheiten sogar weh“. Eine Frau meldet sich allerdings mit den Worten: „Ich sag‘ auch, ich bin Mischling!“


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