„Wir sind treue Ägypter, die Österreich lieben“

default

17.02.2010 | 18:10 | Margarita Schubert

Ägyptische Kopten fallen kaum auf – außer, wenn sie für ihre Glaubensbrüder in Ägypten auf die Straße gehen.

Pharaonen, Pyramiden, das alte Ägypten – wenige verbinden das mit dem Namen „Kopten“. Die ägyptischen Kopten beanspruchen für sich, die direkten Nachfahren der altägyptischen Bevölkerung der Pharaonenzeit zu sein. Kopte bedeutet schlicht „Ägypter“. Der Ausdruck bezeichnete ursprünglich jene Einwohner Ägyptens, die die ägyptische Sprache verwendeten.

„Sage ich, dass ich Kopte bin, glaubt man, dass ich Moslem bin“, erzählt der 18-jährige Awad Abanob. Dabei steht der Name „Kopte“ seit der zunehmenden Arabisierung und Islamisierung Ägyptens für die ägyptischen Christen.

Rund 6000 Menschen bekennen sich in Österreich zur koptischen Kirche, sieben Kirchen und ein Kloster stehen ihnen zur Verfügung. Die Kirche in der Quadenstraße in Wien Donaustadt ist stets gut besucht – mehr als 300 Personen nehmen jeden Sonntag am Gottesdienst teil. Im oberen Stock wird der Gottesdienst in arabischer und koptischer Sprache, im Erdgeschoß auf Deutsch und Koptisch abgehalten. Hier findet man vor allem Kinder, die die arabische Sprache nicht mehr beherrschen.

Solidarität und Kontakt

Solidarität und enger Kontakt zur Kirche sind den Kopten sehr wichtig. Priester werden bei wichtigen Entscheidungen um Rat gefragt und machen Hausbesuche. Sonntags werden die Kinder in der koptischen Sprache unterrichtet. Deutsch und Arabisch sind die Sprachen, in denen man sich unterhält.

Seit mehr als 40 Jahren leben Kopten in Österreich. Man fühlt sich wohl hier. „Hier sage ich meine Meinung ohne Probleme“, sagt Kamal Abd El Nour, Präsident eines koptisch-österreichischen Vereines. „Wir lieben Österreich und sind doch treue Ägypter“, erklärt der Bischof. Nur eine Sache wird gelegentlich beklagt: Die Diskriminierung der Glaubensgemeinschaft in Ägypten sollte mehr Aufmerksamkeit bekommen. Denn: Auch wenn es den Kopten in Österreich gut geht, will man diejenigen, die in der Heimat zurückbleiben, nicht im Stich lassen.

Vor drei Wochen organisierte die koptisch-orthodoxe Kirche erstmals eine Demonstration in Wien, Anlass war die Ermordung von sechs koptischen Christen in Ägypten nach der Weihnachtsmesse am 6.Jänner. Mehr als 800 Demonstranten marschierten trotz Schneefalls den Ring entlang. Neben Glaubensfreiheit fordert man auch Gleichberechtigung, denn man sei als Christ ein Mensch zweiter Klasse in Ägypten, werde vor allem im Berufsleben diskriminiert.

Die ersten Ägypter kamen oft als Zeitungsverkäufer und Studenten nach Österreich, in den 70er-Jahren aber begannen die Übergriffe auf Christen: Seither verlassen immer mehr Kopten ihre Heimat. Doch „die Unterdrückung hat unserem Glauben geholfen, hat ihn stark gemacht“, erzählt der Arzt Mufid Kheir. Immer wieder verfolgt, sieht sich die koptische Kirche als Märtyrerkirche. Ein Fakt, der die Identität prägt.

Religion verbindet und trennt

Wie so manch Ägypter will Awad nach der Schule Pharmazie studieren. In Ägypten hätte er diese Chance als Christ vielleicht nicht gehabt. Awad hat auch muslimische Freunde. Die kennt er aus der Schule. In seine katholische Privatschule würden viele Ägypter ihre Kinder schicken, nicht nur christliche.

Überraschend auch das Ende der Messe: Während der Kommunion setzen alle Frauen ein helles Kopftuch auf. Eine Anpassung an das Leben in einer muslimischen Gesellschaft? Bischof Gabriel: „Nein, die Bibel rät dazu. Man soll im Gottesdienst nicht auf die Frisur achten.“

(MARGARITA SCHUBERT, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 17.02.2010)


Kommentieren Sie den Artikel





Weitere Artikel von Margarita Schubert