Yüksel Yilmaz: „ÖBB entließ mich fristlos nach Rassismuskritik“

26.06.2014 | 12:53 | Nermin Ismail

Yüksel Yilmaz war sechs Jahre lang als Zugbegleiter bei der ÖBB angestellt. Diesen Job verrichtete er mit Liebe und Leidenschaft, auch wenn die kollegialen Umstände nicht die angenehmsten waren. Diskriminierung durch Mitarbeiter war trauriger Alltag. Als sich Yilmaz dagegen wehrte, gab es nur eine Reaktion: fristlose Kündigung. Diese Ungerechtigkeit fechtet er nun seit einem Jahr an. Ein Interview von Nermin Ismail, Teil 1:

Sie waren sechs Jahre bei der ÖBB als Zugbegleiter beschäftigt, wurden letzten Sommer entlassen. Warum eigentlich?

Die Entlassung durch die ÖBB wurde gegen mich ausgesprochen, da ich mich mit den rassistischen Äußerungen, rechtsradikalen, antisemitischen Schmierereien und sexistischen, frauendiskriminierenden Plakaten in den Räumlichkeiten der ÖBB-Zugbegleiter für Wien und Umgebung und andere Missständen nicht abgefunden habe. Diese langjährigen negativen Beobachtungen und Äußerungen habe ich wiederholt an den Teamleiter, den Teamkoordinator und zuletzt sogar den ÖBB-Vorstand gemeldet.

Mit einem am 27.05.2013 datierten Schreiben wurde mein Dienstverhältnis ohne Begründung beendet. Daraufhin habe ich meine Kündigung infrage gestellt. Danach wurde ich mit einem am 10.07.2013 datiertes Schreiben mit 12.07.2013 fristlos entlassen auch wieder ohne Begründung. Auch die „Fristlose Entlassung“ habe ich unverzüglich angefochten. Derzeit sind beide Verfahren am Arbeits- und Sozialgericht 1080 Wien anhängig.. Ich werde in beiden Verfahren von Rechtsanwalt Dr. Ingo Riß vertreten.

Was sind die Vorwürfe gegen die ÖBB? Beschreiben Sie uns die Missstände.

Seit Beginn meines Dienstes im Jahre 2007 und über die vergangenen sechs Jahre bei der ÖBB gab es Kollegen, die mich nie grüßten oder mit mir sprachen. Es gab keinen Tag, an dem ich nicht im Aufenthaltsraum in den über sechs Jahren meines Dienstes das Wort “Tschusch” als Bezeichnung für Ausländer gehört hätte.

Was machten die Äußerungen mit Ihnen?

Ich fühlte mich durch Schriftzüge wie “Besser Nazi als Tschusch!”; “Du Scheiß Missgeburt, schleich di zruckwostherkummst – Sieg Heil”; “Stoppt Tierversuche – nehmt Ausländer!!”; “Kusch Tschusch” und “Juden-Neger-Tschuschen-Kanaken” und das Aufmalen eines Hakenkreuzes in den ÖBB Personal Räumlichkeiten persönlich belästigt und bedroht und vertraute auf die Hilfe meines Vorgesetzten.

Ich wurde öfters Zeuge im ÖBB-Aufenthaltsraum und anderswo betreffend diese erwähnten unverzeihbaren Vorgangsweisen und Äußerungen der ÖBB-Kollegenschaft mir und anderen gegenüber. Ich habe sehr unter dieser Situation gelitten.

Mit der Zeit wurden die Beschimpfungen immer lauter und offener, weil sie wussten, dass nichts dagegen unternommen wird. Ich habe Jahre lang viel Geduld aufgebracht. Ich dachte, sie würden sich ändern, ihre Fehler einsehen, aber es geschah nichts. Es wurde alles nur noch schlimmer. Ich habe sechs Jahre vergebens gewartet. Für alles gibt es eine Lösung, nur müssten wir kommunizieren, die Probleme lösen, einander mit Respekt und Wertschätzung begegnen, aber manche wollten das nicht. Diese Jahre haben mich psychisch ausgelaugt. Ich habe immer alles runtergeschluckt, versucht zu ignorieren, aber es tat mir sehr weh. In diesen Jahren ging es mir sehr schlecht wegen des starken Mobbings und der ständigen und stärker werdenden Diskriminierungen.

Wie sind Sie vorgegangen in Ihrer Offenlegung der Missstände?

Aufgrund meiner Beschäftigung war ich verpflichtet, meinen Vorgesetzten solche ausländerfeindlichen Vorkommnisse zu berichten. Ich, als Mensch, muss im Rahmen meiner Beschäftigung im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der Menschen mit Migrationshintergrund, Schutz vor Diskriminierung gewährleisten. Meine Beobachtungen habe ich mehrmals unseren Betriebsratsvorsitzenden, meinem Teamleiter, dem Teamkoordinator mitgeteilt und gehofft, dass sie etwas unternehmen. Vergeblich.

Wie waren die Reaktion darauf?

Mein Teamleiter des Dienstsitzes Wien-Hauptbahnhof Lax2 reagierte harsch abweisend, warf mir die übergebenen Fotos zurück und meinte nur: “na und!?” Ich solle einfach wegschauen und ignorieren. Weiters sagte er, dass er auch einen sehr guten türkischen Freund habe, zu dem er auch “Servus, Tschusch!” sage und dass dies nur Spaß sei. Das war traurigerweise die einzige Antwort des Teamleiters, der für die Zugbegleiter verantwortlich ist. Selbst in Bezug auf die von mir erwähnten verbotenen alkoholischen Getränke in den Kühlschränken und Kisten im Herren-Umkleideraum und anderen Räumlichkeiten der ÖBB-Zugbegleiter meinte er nur, dass dort keine Kühlschränke mit Alkohol stehen. Dabei wiederholte er mit Nachdruck, ob ich das jetzt verstanden habe, dass dort kein Kühlschrank stehe!

Ich verstand das als Weigerung meiner Vorgesetzten, die Sachlage und die Beweisbilder zur Kenntnis zu nehmen und dagegen nichts‎ zu veranlassen. Als ich im weiteren erwähnte, dass ich die Missstände dem ÖBB-Vorstand weiterleiten werde, da ich es öfters erwähnt habe und bis jetzt nichts unternommen wurde, meinte der Vorgesetzte des Dienstsitzes, dann könnte ich nicht so schnell schauen, wie ich gekündigt werde. Mein Teamkoordinator war auch bei diesem Gespräch anwesend und grinste mich an.

Diese Gespräche ereigneten sich zuletzt Mitte Februar 2013. Die Jahre davor habe ich auch bereits öfters über die Missstände geklagt. ‎

Wie können Sie sich die Reaktionen der ÖBB Verantwortlichen erklären?

Ich war vorerst deswegen gekündigt worden, um angeblich die Belegschaft zu befrieden, tatsächlich aber um die Missstände zu verdecken, mich einzuschüchtern oder angeblich um mir einen Denkzettel zu verpassen.

Bald darauf erhielt ich die „Fristlose Entlassung“, kurz nachdem mein Rechtsanwalt eine Motivklage gegen die ÖBB beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht hatte. Laut dem Betriebsratsvorsitzenden (der mir ebenfalls nicht helfen wollte) ‎solle ich die „Fristlose Entlassung“ von derselben Dienststelle Lax2, ausgesprochen worden sein, weil ich gegen meine Kündigung geklagt hatte.

Dabei bin ich in Österreich geboren und österreichischer Staatsbürger genau wie sie selbst. Ich habe immer versucht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, aber sie wollten es nicht. Und auch der jetzige Teamleiter und mein Teamkoordinator haben mich mit ihrem abschätzigen Verhalten diskriminiert, indem sie meine Klagen und Beschwerden nicht ernst nahmen und mich zum Schweigen bringen wollten. ‎Ich habe meinen Job immer geliebt und war ständig bestrebt diesen sehr menschlich und gut auszuüben. Dazu gehört es auch die Menschenwürde und die Rechte stets zu schützen. Das habe ich stets getan. Andere fühlten sich dadurch gestört und haben mich zum Außenseiter deklariert, nur weil ich diesem grauslichen Spiel ein Ende setzen wollte.

KURIER – Rassismus-Vorwürfe gegen ÖBB

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Teil 2 des Interviews erscheint nächste Woche.


2 Kommentare

  • Mukassa

    Hallo, du hast "weiße" Haut. Was glaubst du die "Schwarze" Afrikaner tagtäglich erleben. Österreich ist leider überall so. Nur Idioten unterscheiden noch Ausländer und Original. Wir alle leben hier und müssen diesen Schönen Land weiter ausbauen. Komischerweise, diese Leute die Rassist sind haben kein Kinder oder nur 1 oder 2. Können sie noch dass in Österreich so machen? Irgendwie wird der Circus am Ende. Wer hier lebt muss sich an Regel halten, dass land respektieren und anschließend sich zu Hause fühlen. Geschrieben um 23. April 2015 um 10:17 Uhr Antworten
  • Joe Jezersko

    Alle Jahre wieder... http://kurier.at/chronik/oesterreich/rassismus-vorwuerfe-gegen-oebb/22.822.326 Die Geschichte ist längst erledigt. Wenn auch nicht so, wie es sich der feine Herr Yilmaz gewünscht hat. Geschrieben um 26. Juni 2014 um 23:50 Uhr Antworten

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