Buchrezension: „Unerwünscht? Vom Leben im Niemandsland“

01.07.2014 | 10:31 | Jana Turk

Am 16. Juni wurde der Bildband Unerwünscht? Vom Leben im Niemansland präsentiert (M-MEDIA berichtete). Fazit: Bilder sagen auch das Unausgesprochene. Eine Buchrezension von Jana Turk.

Die Vorworte der beteiligten Organisationen in Deutsch und Englisch geben den Lesern ein Hintergrundwissen zum Bildband. Auch Zahlen und Fakten zur Flüchtlingssituation werden in einer Art statistischen Einleitung eingebracht. Die Zahlen verleihen der Einleitung eine sehr nüchterne und rationale Aura.

Die Bilder selbst stehen im Kontrast zur Nüchternheit der Zahlen . Jedes Foto, auch wenn nur mit einem kurzen Statement eines Asylwerbers versehen, vermittelt die Emotionen des Betroffenen. Diese Aussagen der abgebildeten Asylwerber beziehen sich hauptsächlich auf Erzählungen über ihren Alltag und ihre Zukunftspläne sowie –träume. Besonders herausstechend ist deshalb auch die Aussage des 20 jährigen Nasir R. „Ich habe keine Träume“. Es ist jene Aussage, die einem am längsten im Gedächtnis bleibt und die positiven Statements und teilweise lachenden Gesichter auf den Bildern überschattet.

Der Bildband zeigt die Realität, in der Asylwerber nicht nur eindimensionale Charaktere sind, sondern vielseitig Menschen. Es wird auch nicht versucht, etwas zu beschönigen. So ist auch der vernarbte Oberkörper des 19 jährigen Mustafa H. zu sehen, der „nicht gern über seine Vergangenheit redet, da sie von vielen negativen Erinnerungen geprägt ist“.  Nur ein paar Seiten weiter vermittelt der Bildband eine unbändige Lebensfreude durch eine Abbildung der jungen Asylwerbenden beim Fußballspielen.
Das Projekt „Kleider machen Leute!“, welches in den Bildband Eingang fand, zeigt die portraitierten Asylwerber in Anzügen oder anderen eleganten Outfits. Es scheint, als ob die jungen Männer sich nicht nur in Anzügen, sondern in einem gestärkten Selbstbewusstsein kleiden. Gleichzeitig wird man als Betrachter dazu angeregt, die Normen gesellschaftlicher Akzeptanz zu hinterfragen.

Als LeserIn, oder vielmehr als BetrachterIn, des Buches „Unerwünscht? Vom Leben im Niemandsland“ erfährt man vielleicht wenig Konkretes über das Leben im österreichischen Niemandsland und doch wird durch die Fotos ungemein viel vermittelt.  Der Bildband macht sich das Sprichwort „Bilder sagen mehr als 1000 Worte“ zu nutze und bricht damit eindimensionale Stereotype auf. Den Asylwerbenden wird ein Gesicht der Vielfalt gegeben. Das einzige, was wirklich fehlt, sind Frauen. Es wäre schön gewesen, auch Asylwerberinnen zu sehen und über ihr Leben im Niemandsland zu erfahren. Schließlich sind mindestens 50 Prozent der Flüchtlinge weltweit Frauen oder Mädchen.


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