Österreich: 55% der Kultureinrichtungen finden Marketing für MigrantInnen nicht notwendig

09.12.2013 | 9:51 | Tamara Tanasijevic

Wien, 6. Dezember 2013 –  Die Agentur brainworker hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Höhere Studien (IHS) die österreichweite Studie „Audience Development – Migranten als Publikum“ vorgestellt. Ziel der Untersuchung ist es, aus Anbietersicht festzustellen inwieweit Migranten am heimischen Kulturleben teilnehmen bzw. wie hoch die Bereitschaft der betreffenden Institutionen ist dieses Thema gezielt zu fördern.
Der Begriff „Audience Development“ beschreibt einen umfassenden Kulturmanagementprozess, der hierbei genutzt wird, um dem Potential von Migranten als Publikum auf den Grund zu gehen.

Bei der Studie handelt es sich um eine quantitative Online-Befragung, an der 34 Prozent der 170 angefragten Kultureinrichtungen aus ganz Österreich mitwirkten. Der Aufbau umfasst vier zentrale Fragen, welche Audience Development in Bezug auf Migranten (ADM) untersuchen sollen. Die Auswertung der Frage inwiefern sich (Hoch-)Kulturinsitutionen mit dem Thema beschäftigen, zeigt auf, dass das Potential zumindest in der Landeshauptstadt erkannt wurde. In Wien geben 47 Prozent der befragten Einrichtungen an sich mit dem Sujet auseinanderzusetzen, während in den Bundesländern noch eindeutig Sensibilisierung notwendig ist (23 Prozent).

Obwohl die Bedeutung von Migranten als Publikum wahrgenommen wird, erachten es österreichweit nur 28 Prozent der teilgenommenen Kulturstätten für erforderlich spezifische Marketinginstrumente einzusetzen. Systematischer Einsatz ist mit nur 10% relativ wenig zu erkennen. 55 Prozent sprechen sich klar dagegen aus (In Deutschland 20 Prozent). Auf die Frage wie das mittelfristige Potential von MigrantInnen als Publikum eingeschätzt wird, ist die Bewertung mehrheitlich positiv. Allerdings kann die Fokusierung als gering und eher allgemein verstanden werden, da es sich in den meisten Fällen um englischsprachiges Angebot handelt. Auch hier ist also großer Entwicklungsbedarf nötig.

Weiters wurde das ADM Aktivitätsprofil österreichischer (Hoch-)Kultureinrichtungen in Bezug auf die 4 Punkte Programmentwicklung, Kommunikations-, Personal- und Distributionsstrategie untersucht. Die Bewertung nach Größenklassen ergab, dass große Kulturhäuser in den Punkten 1,2 und 3 über dem Durchschnitt liegen, während kleine Institutionen vor allem in der Distribution aktiv sind. Im Ländervergleich ist zu erkennen, dass in Wien im Bereich der Programmentwicklung die meiste Aktivität zu verzeichnen ist. Die größte Sensibilierung ist sowohl in Wien als auch in den Bundesländern in der Personalstrategie notwendig. Diese lässt sich am besten durch gezielte Rekrutierung und Weiterbildungen erreichen. Die Untersuchung des Aktivitätsprofils nach Einrichtungstyp (Bühnenhäuser/Ausstellungshäuser) ergab bei den Bühnenhäusern einen Ausschlag im Distributionsvergleich.

Manuel Bräuhofer (brainworker) und Dr. Astrid Segert (IHS) stimmt das Ergebnis der Studie äußert positiv. Zwar befindet sich die systematische Nutzung von ADM noch in ihren Startlöchern, dennoch ist in dieser Hinsicht bereits ein großer Schritt getan. Nichtsdestotrotz ist großes Ausbaupotential vorhanden. Um dieses zu nutzen, sollten sowohl die kulturellen Angebote als auch die Kenntnisse über spezifische Zielgruppen erweitert werden. Darüberhinaus kann über die Organisationsstrategie des Ethnomarketings die Rezeption gesteigert werden.

Der Geschäftsführer der Agentur brainworker, Manuel Bräuhofer, ist sich im Gespräch mit M-Media sicher: „Das Ergebnis zeigt klar, dass viele Institutionen in dieser Hinsicht bereits viel unternehmen.  Natürlich besteht ein großer Teil, der noch keinerlei Maßnahmen in diese Richtung gesetzt hat. Mein Wunsch wäre es, wenn die heimischen Kultureinrichtungen diese Maßnahmen in allen Bereichen setzen würden, um sich auch den Bedürfnissen der Migranten anzupassen.“ In diesem Sinne appelliert Bräuhofer auch an die Medien, die zur Beschleunigung dieses Sensibilisierungsprozess sehr viel beitragen können.


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