„Türkenbelagerung“ – Duygu Özkan: Türken jenseits der 3 K´s

BUCHTIPP
  • Türkenbelagerung
  • Duygu Özkan. Türkenbelagerung, Metroverlag, 176 Seiten, € 19,90
  • Metroverlag

14.04.2011 | 12:41 | simon INOU

Wien – „Presse“ Redakteurin Duygu Özkan hat ihr erstes Buch vorgestellt. Unter den provokativen Titel „Türkenbelagerung“ führt die ausgebildete Historikerin auf türkische Spuren in Wien, die bis ins Jahr 1529 (erste Türkenbelagerung) reichen. Sie präsentiert die türkische Community jenseits der 3 K’s: Kopftuch, Kebab und Kaffee.

Auf 176 Seiten, geteilt in fünf Kapiteln analysiert die Autorin die Hintergründe der gegenwärtigen Integrationsdebatte der Türken in Österreich. Historisch zeigt sich Duygu Özkan wenn es um die Einflüsse der damaligen Osmanen auf den österreichischen Alltag geht (S. 64). Ein plakatives Beispiel ist die österreichische Lieblings- Mehlspeise: der Apfel Strudel. Dieser ist nach Meinung der Autorin eine modifizierte Version der orientalischen Süßspeise Baklava (S. 65). Auch die Geschichte des berühmten Döner Kebab wird erzählt (S. 115). Übrigens heißt Döner übersetzt „sich drehend“ und Kebab ist das Grillfleisch selbst. In der Türkei soll der Koch Hamdi Kastomonu schon im 19. Jahrhundert die Kebab-Grilltechnik erfunden haben. In der EU wurde der Döner erstmals in Berlin berühmt. Von dort an soll der Kebab Europa erobert haben.

Die türkische Bevölkerung jenseits von den drei K´s.

Es ist kein Zufall, dass die Integrationsbemühungen von Türken in Österreich, sich fast immer auf die 3 K´s (Kebab, Kopftuch und Kaffee) beziehen. So wird das Kopftuch in der öffentlichen Debatte als religiöses Symbol verstanden. Für die Autorin ist es aber ein Zeichen für Emanzipation und Selbständigkeit. Da viele Kopftuch-Trägerinnen nicht nur an Universitäten studieren, sondern auch in der Arbeitswelt und im öffentlichen Leben präsent sind.  Özkan plädiert dafür, dass unsere Gesellschaft  sich langsam daran gewöhnen solle diese Bilder zu akzeptieren.

Eine politisch aktive Gruppe

Özkan nimmst Stellung zu den türkischen Communities in Österreich. Diese sind heterogen und reichen politisch von Mao Anhängern bis zu den extrem nationalistischen und radikalen Grauen Wölfen. In Österreich sind diese unter dem Dachverband „Türk Federasyon“ bzw. „Avrupa Türk Konfederasyon“ organisiert und aktiv tätig. Im Jahre 2009 feierten sie z.B. in Linz ein türkisches Kulturfest mit Unterstützung seitens der SPÖ (S. 99). Auch antisemitische und rassistische „Milli Görüs“ (Nationale Sicht) sind in Wien aktiv, allerdings unter anderen Namen. Dazu zählt unter anderem  die „Islamische Föderation“, die  nach eigenen Angaben 18 Moscheen mit insgesamt 7200 Mitgliedern betreibt (S. 100).  Leser können sich auch ein Bild über Kurden und Aleviten, sowie die Wohnsituation türkischer Gastarbeiter in Österreich machen.

Interessant wäre es noch gewesen einen Blick in die türkische Medienlandschaft, die teilweise auch in deutscher Sprache erscheint, zu werfen. Da diese eine entscheidende Rolle in der Debatte über die Integration bzw. Akzeptanz der Türken in Österreich spielt. Vielleicht in einer zweiten Ausgabe?

simon INOU

 

 


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