Türkische „Cross-Over“-Musik aus Wien

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09.07.2008 | 23:21 | Aysun Bayizitlioglu

Türkische „Cross-Over“-Musik aus Wien – über halb Europa und über Jahrhunderte hinweg.

WIEN. Mystische Sufimusik kombiniert mit modernen Klängen – diese faszinierende Synthese ist die Grundinspiration in vielen Werken von Can Aksel Akin. Der 31-jährige, türkischstämmige Komponist und Dissertant an der Musikuniversität Wien ist offen für alle Arten von Musik.

„Schon mit drei Jahren habe ich mit Musiknoten gespielt, weil Musik schon in diesem Alter meine Lieblingsbeschäftigung war“, erzählt Akin. Sein besonderes Interesse gilt heute der Sufimusik und der Lyrik von Mevlana.

Oberstes Ziel der Sufis ist, Gott so nahe zu kommen wie möglich und dabei die eigenen Wünsche zurückzulassen. Mevlana Rumi (1207-1273) ist einer der bedeutendsten islamischen Mystiker, dessen Lehre darauf basiert, dass er die Liebe als Hauptkraft des Universums sah.

Unter diesen Einflüssen entsteht auch Akins jüngstes Projekt: „Sara&Safa“, das im Oktober im Wiener Theater Akzent uraufgeführt wird. Darin verbinden sich klassische türkische Musik von Dede Efendi, einem Zeitgenossen Mozarts, mit zeitgenössischen elektronischen Klängen des Österreichers Georg Gabler und Eigenkompositionen zu einem außergewöhnlichen Hörerlebnis.

Erstmals kommt nun ein neues Element dazu – der Tanz. „Während moderne und traditionelle Instrumente die fast archaischen Melodien von Dede Efendi spielen, tanzen auf der Bühne die Derwische ihre alten Rituale gemeinsam mit Tänzerinnen aus Wien, die den traditionellen Tanz modern interpretieren“, schildert Akin.

Violine trifft Flöte

„In Österreich sind Sufi-Tanzvorführungen – etwa des Mevlana Ordens aus Istanbul oder das Ensemble der Derwische – bekannte und geschätzte Darstellungen. Interessanterweise gibt es bisher keinen Versuch, in respektvoller Weise diese uralten Rituale an den Geist der Moderne anzubinden.“ Um so mehr freut es ihn, dass er nun im Rahmen des Wiener Festivals „Salam Orient“ dieses künstlerische Experiment realisieren kann.

Mit „Sara & Safa“ knüpft Akin direkt an den Erfolg von „Der Suchende(Arar)an“ an – ein Stück, das er für das Festival „Allegro Vivo“ 2006 komponiert hat. Auch hier ließ sich Akin von der Lyrik Mevlanas und seiner sufischen Lehre inspirieren. „Mevlana sagte: ,Komm, egal wer du auch bist.‘ Dieser Satz ist die Grundidee meiner Komposition: Der Dialog zwischen westlicher Violine und orientalischer Ney (Flöte) soll das Zusammenkommen von Ost und West versinnbildlichen.“

Das Treffen zwischen Ost und West findet nicht nur in Noten statt. In dieser Woche betreuen Akin und türkische sowie österreichische Dozenten die „Vivace Musik Sommer Akademie“ in Izmir. Hier musizieren österreichische und türkische Kinder gemeinsam. Die Plätze waren schnell ausgebucht.

(AYSUN BAYIZITLIOGLU, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 09.07.2008)


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