Migration: „Medien sind keine neutralen Vermittler“




11.01.2012 | 15:42 | Clara Akinyosoye

Österreichs Medienmacher geben zu, dass Migranten vor allem im Kontext von Konflikten vorkommen. Das Thema Migration bleibt ein Hochaktuelles. Eine Migrantenquote in den Redaktionen lehnen sie großteils ab.

Wien. Zuwanderung ist aus demografischen und wirtschaftlichen Gründen notwendig. Laut einer aktuellen Studie der Wissenschaftlerin Karin Zauner sind österreichische Chefredakteure und Geschäftsführer von Medienbetrieben geschlossen dieser Meinung. Für ihre Studie „Zuwanderung – Herausforderung für Österreichs Medien“, die morgen, Donnerstag, im Medienzentrum des Parlaments präsentiert wird, befragte sie 40 Entscheidungsträger aus Medienbetrieben und zwölf Experten aus der österreichischen Politik, von Ethnomedien und Interessensvertretungen.

Migration ist für Medienschaffende konstant ein hochaktuelles Thema. Die Studie von Zauner zeigt, dass sich die österreichischen Medien sehr wohl mit den Themen Migration und Integration auseinandersetzen. Ihre eigene Rolle im Integrationsprozess sehen die Befragten dabei durchaus kritisch. 46 Prozent meinen, dass Massenmedien eher einen negativen Einfluss auf Integration haben. Nicht zuletzt wegen der Berichterstattung über Migranten. 57 Prozent bewerten sie als „überwiegend negativ“. 40 Prozent der Befragten sehen den Großteil der Schuld bei den Boulevardmedien, die bewusst negativ über Zuwanderung berichten würden. Rund ein Drittel der Befragten nannte diesbezüglich namentlich die Kronen Zeitung. 93 Prozent geben zu, dass Migranten in der Berichterstattung meist im Kontext von Konflikten und Problemen vorkommen.

Bedrohungsszenarien konstruiert

Überraschend ist bei der Untersuchung das Ergebnis, wie Medien ihre eigenen Praktiken beschreiben. 97 Prozent der Befragten geben zu, dass Medien gezielt polarisieren, skandalisieren, Bedrohungsszenarien konstruieren und Stereotype verwenden, um den Absatz zu steigern. Die befragten Medienmacher halten sich selbst eher weniger für „neutrale Vermittler“. Grundsätzlich halten aber 80 Prozent positive Berichte über Einwanderer für sinnvoll, um etwa gegen Klischees zu kämpfen.

Bei der Frage, ob ethnische Diversität unter den Mitarbeitern zu einer Verbesserung der Berichterstattung über Migranten führt, scheiden sich die Geister. 40 Prozent der Befragten halten das für richtig, 40 Prozent lehnen dies ab. Relativ große Einigkeit herrscht wiederum bei dem Thema „Immigrantenquote“. 83 Prozent lehnen freiwillige Selbstverpflichtungen, wie es sie etwa in den USA oder Großbritannien bereits seit Langem gibt, ab. Im Gegensatz zu anderen Ländern hat in Österreich keines der Medien ein Diversitätskonzept. Auch weiß man nicht um die Anzahl der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Doch laut den Befragten haben 17 von 22 Medien mindestens einen.

Für ihre Forschungsarbeit bekam Karin Zauner gestern, Dienstag, von Bundesminister Karlheinz Töchterle den Förderpreis für Medienforschung des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) überreicht.

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 11.01.2012)


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