The Guardian: „Die Ausgeschlossenen sind uns am wichtigsten“

11.11.2013 | 15:57 | simon INOU

Yasir Mirza ist Brite mit „moslemisch-pakistanischer“ Herkunft wie er selbst stolz sagt. Er leitet die Abteilung „Diversity and Inclusion“ der britischen Zeitung „The Guardian“, die zuletzt durch die Aufdeckung der NSA-Snowden-Affäre glänzte. Warum es für ein modernes Medienunternehmen wichtig ist, das Thema der Diversity ernst zu nehmen, erzählt er simon INOU.

M-MEDIA: Warum hat „The Guardian“ eine Diversity-Abteilung ins Leben gerufen?

Yasir Mirza: Unser Medium ist im Vergleich zu vielen englischen Medien anders aufgebaut. Wir sind kein konventionelles und rein kommerzielles Medium. Wir haben keine Aktionäre bzw. Aktieninhaber. Wir gehören einer Stiftung deren Hauptaufgaben etwa die Förderung sozialer Gerechtigkeit und des unabhängigen Journalismus sind. In der Stiftung und in der Zeitung ist Diversität ein großes Thema der sozialen Gerechtigkeit. Da wir in einer Gesellschaft leben, wo die Diversität existiert und im Journalismus umgesetzt werden muss.

Warum sollte ein Medium eine Diversity-Abteilung gründen?

Es gibt zwei wesentliche Gründe: Erstens, ein Medium ist ein moralischer Kompass unserer Gesellschaft und sollte diese Gesellschaft abbilden. Zweitens sollten Medien verstehen, dass Diversität für sie profitabel ist.Es geht hier nicht um Wohltätigkeit sondern um professionelles Arbeiten. Und um den Umgang mit allen Schichten unserer Gesellschaft. Denn alle müssen in unserer Zeitung abgebildet werden.

Was ist Ihre tägliche Aufgabe als Diversity-Verantwortlicher?

Ich leite eine kleine Abteilung und gestalte inhaltliche Diversität. Das heißt, ich kümmere mich darum, dass Diversität im Inhalt der Zeitung zu finden ist. Ich gestalte auch die Personalpolitik in Bezug auf das Thema Diversity. In diesem Sinne sorge ich dafür, dass Menschen, die rekrutiert werden die Diversität unserer Gesellschaft wiederspiegeln. Und außerdem beschäftige ich mich mit dem kommerziellen Aspekt von Diversity in der Zeitung. Ich kümmere mich darum, dass wir auch Anzeigen in diesem Bereich bekommen. Damit zeigen wir wie unterschiedlich unsere Gesellschaft, genauso wie unsere Kunden sein können. Es gibt eine Diversität in der Diversität.

Diversität ist doch nicht homogen wie viele glauben?

Nein. Diversität ist komplexer und herausfordernder als man glauben mag.Ich bin britischer Staatsbürger mit pakistanischen und muslimischen Hintergrund. Ich kann weder im Namen der Pakistani, noch im Namen der MuslimInnen sprechen. Aus dem einzigen Grund, dass jeder von uns eine eigene Lebenserfahrung hat. Diversity bei uns in „The Guardian“ bedeutet mehr Tiefe und Breite in unseren Artikeln, Personal und Geschäften zu zeigen. Genauso wie unterschiedliche Schattierungen unserer Gesellschaft abzubilden.

Wie rekrutieren Sie in Ihrer Zeitung Leute mit Diversity Background?

Die Frage von Diversity ist bei uns im Haus in allen Sparten inkludiert. Bei der Rekrutierung geht´s um Fairness und Transparanz. Wir gehen in Schulen, Universitäten und suchen Menschen, die in bei uns unterrepräsentiert sind weil wir alle wissen, Medien schließen viele Menschen aus. Diese Ausgeschlossenen sind die, die für uns im Bereich der Diversität am wichtigsten sind.

Viele Medien argumentieren damit, dass eine Diversitätspolitik Geld kostet und sie das nicht haben. Was sehen Sie das?

Heikle Frage. Wie alle Unternehmen sind Medienunternehmen abhängig von ihrem finanziellen Potential. Viele beklagen gerade, dass es sehr wenige Einnahmen gibt, und dass alles durch die Wirtschaftskrise noch härter geworden ist. Es stimmt und es nützt nichts das eine gegen das andere auszuspielen, da es um eine Inklusionspolitik geht und nicht nur um die Inklusion derjenigen die finanziell fit sind.

In Österreich erhalten viele Medien Geld vom Staat. Glauben Sie, dass der Staat für die Fördergelder auch mehr Diversität in den Medien verlangen soll?

Die öffentliche Förderung ist eine gesellschaftliche Verantwortung. Und darunter verstehe ich, dass Diversität als gesellschaftliche Verantwortung auch gefördert gehört.


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