Österreichischer Presserat: „Neger“ ist beleidigend und abwertend

01.08.2012 | 12:26 | Clara Akinyosoye

Der österreichische Presserat rügte das vom FPÖ-Politiker Andreas Mölzer herausgegebene Wochenblatt „Zur Zeit“ – es habe gegen den journalistischen Ehrenkodex verstoßen.

Wien. Dieser Tage ist bei der rechtskonservativen Wochenzeitung „Zur Zeit“ eine Rüge vom Österreichischen Presserat eingetroffen. Der Grund: In der zehnten Ausgabe dieses Jahres wird in einem Artikel über kriminelle Asylwerber vier Mal das Wort „Neger“ verwendet.

Der Presserat erklärt in seiner Entscheidung, dass der Begriff abwertend und beleidigend ist und „Zur Zeit“ damit gegen Punkt 5.5 des Ehrenkodex für die österreichische Presse verstoßen habe. Dieser sieht vor, dass „jede Diskriminierung aus rassischen, religiösen, nationalen, sexuellen oder sonstigen Gründen“ unzulässig ist. Bei der Wochenzeitung, die von Andreas Mölzer (FPÖ) herausgegeben wird und sich laut Blattlinie für Menschen öffnet, die „im weitesten Sinne konservativ, katholisch, nationalliberal, eben eher rechtsintellektuell waren und sind“, war gegenüber der „Presse“ allerdings niemand zu einer Stellungnahme bereit.

Doch in einer Verhandlung Mitte Juni, in der Vertreter des Presserats und Vertreter der Wochenzeitung zusammentrafen, gab der „Zur Zeit“-Geschäftsführer Walter Tributsch an, dass er „nichts Diskriminierendes an dem Begriff“ fände, zumal er seit über 300 Jahren im deutschen Sprachgebrauch üblich sei. Die öffentliche Debatte über das Wort und der dadurch bedingte Bedeutungswandel sei ihm aber durchaus bekannt. Doch gäbe es keine gesetzlichen Bestimmungen, die die Bezeichnung verbieten würden.

Was es allerdings sehr wohl gäbe, sei eine „gut dokumentierte Geschichte“ des Begriffs, entgegnet Nana-Gyan Ackwonu, Sprecher des Vereins Pamoja, einer Bewegung der jungen afrikanischen Diaspora in Österreich. Das N-Wort „trägt eine rassistische Ideologie“ mit sich und bezieht sich auf eine Zeit, in der man „uns auf eine Stufe gestellt hat, auf der es in Ordnung war, uns unserer Rechte zu berauben“.

„Ein kleiner erster Schritt“

Die „Geschichte, die wir teilen“ sollte die Verwendung einer solchen Wortwahl eigentlich verunmöglichen, sagt Ackwonu. Dass es dennoch passiert, führt der Aktivist darauf zurück, dass manche Menschen diese Geschichte nicht hinterfragen oder sie leugnen. Andere wiederum würden die dahinterstehende Ideologie ohnehin verteidigen: „Es ist ein Eingeständnis, dass dieses Gedankengut in Österreich immer noch vertreten ist.“ Für Ackwonu ist die Entscheidung des Österreichischen Presserats deshalb „ein kleiner, erster Schritt, aber kein großer Gewinn“. Denn damit sei Rassismus nicht tatsächlich ausgemerzt.

Das N-Wort ist im Laufe der Jahre aus dem journalistischen Sprachgebrauch weitgehend verschwunden. Viel eher sorgen solche Sager nun für mediale Aufschreie, sofern sie an die breite Öffentlichkeit dringen.

Ob die diskriminierende Bezeichnung mit der Rüge des Presserats künftig aus dem Wortschatz der „Zur Zeit“-Redaktion verschwindet, ist fraglich. Die Ausgabe, auf die sich der Presserat in seiner Entscheidung bezog, war jedenfalls nicht die erste – und auch nicht die letzte –, in der das N-Wort ganz selbstverständlich verwendet wurde.

In einer kürzlich erschienenen Ausgabe (24/2012) wird auf den Terminus zurückgegriffen, als es um Sudanesen in Israel geht. Und in der darauffolgenden Ausgabe mokiert sich ein Redakteur über den schwarzen italienischen Fußballspieler Mario Balotelli. So heißt es: „Nicht entgangen ist jedoch das eindeutig ,blödeste Outfit‘ des italienischen Negers Balotelli, der ein blondes Haarbüschel auf der Glatze trug.“


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