FPÖ nutzt Amoklauf, um Rechtsextremismus zu vertuschen
02.08.2016 | 9:04 | Konstantin Auer
Wien, 1. August 2016 – Heinz Christian Strache, der Parteiobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), stellte heute einen Link zu einem Artikel von unzensuriertpunktat, einer FPÖ-nahen Homepage, auf seine Facebook-Seite. In dem Artikel wurde behauptet, dass der Amokläufer von München einen islamistischen Hintergrund gehabt haben soll. Den Beweis dazu sollte ein gefälschtes Facebook-Profil des Täters liefern, worauf er eine türkische Fahne als Titelbild hat.
Wie die Facebook-Seite „FPÖ Fails“, eine Seite, die Falschmeldungen der FPÖ aufdecken will, demonstriert, ist das Profil ein Fake (siehe Artikelbild). Denn das vermeintliche Profil wurde nach dem Attentat und somit nach dem Tod des Täters angefertigt. Auf dem Profilbild des Fake-Accounts sieht man einen dunklen Hintergrund mit einem leuchtenden Fleck. Diesen Ausschnitt findet man auf einer Fotomontage wieder, die von der Bildzeitung erstellt wurde. Auf dem Originalfoto sind diese Veränderungen noch nicht zu erkennen, das Foto hat es also vor der Tat nicht gegeben. Außerdem war neben dem Posting eine kleine Uhr zu sehen, welche bei Facebook erscheint, wenn ein Beitrag bearbeitet wurde. So konnte das Veröffentlichungsdatum auf 2015 geändert werden. Im Artikel von unzensuriertpunktat wurde, wie die Facebook-Seite „FPÖ Watch“ berichtete, übrigens auf die Onlinezeitschrift des Kopp-Verlags verwiesen, wo die Behauptung, dass der Täter keinen rechtsextremen Hintergrund hatte, seinen Ursprung nahm. Dieser Verlag veröffentlicht Artikel über rechte Esoterik, diverse Verschwörungstheorien und rechtsextremistische Inhalte. Der Artikel von unzensuriertpunktat und der Link auf Straches Seite wurden mittlerweile gelöscht.
Heute weiß man, dass der 18-jährige Amokläufer, der am 22. Juli 2016 neun Menschen in München tötete, einen rechtsextremen Hintergrund hatte und einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nach, Türken und Araber hasste.
Auch Harald Vilimsky, der FPÖ-Abgeordnete im Europäischen Parlament, behauptete kurz nach der Tat auf Twitter, dass der Täter „allahu akbar“ („Gott ist groß“) gerufen hätte und einen islamistischen Hintergrund hätte. Zu diesem Zeitpunkt war der rechtsextreme Hintergrund noch nicht bekannt, aber eben auch nichts über einen islamistischen. Es war nur bekannt, dass der Täter iranische Wurzeln hat, dies reichte Vilimsky scheinbar für seine Schlussfolgerung, welche auf Twitter immer noch nachzulesen ist:
Auch in der Vergangenheit wurde schon oft über bewusste Falschmeldungen, welche von der FPÖ stammten oder verbreitet wurden, berichtet. Diese Vorgehensweise dient der FPÖ dazu ein Klima zu schaffen, welches einerseits aus Angst, andererseits aus Hass besteht und zu unzählbaren Hasspostings im Internet führt. Sie erzeugen also selbst die Stimmung die sie brauchen, mit welcher sie die meisten WählerInnenstimmen erhalten können. Sie manipulieren ganz bewusst. Sie taten es, indem sie Falschmeldungen über Flüchtlinge verbreiteten. Sie taten es beim Israel-Besuch ihres Kandidaten für den Bundespräsidenten, Norbert Hofer und bei Gerüchten über Wahlmanipulationen. Und sie tun es bei Terroranschlägen.
Natürlich gibt es die Gefahr durch islamistischen Terrorismus, diese ist auch nicht klein zu reden. Aber auch Politiker sollten sich an Fakten halten und sie nicht für Stimmungsmache gegen eine Religion, gegen den Islam, gegen Flüchtlinge und MigrantInnen missbrauchen. Vor allem in Zeiten, in welchen rechtsextreme Graue Wölfe kurdische Lokale attackieren und neo-faschistische „Identitäre“ ein Grünes Parteilokal zumauern, sollte auch der Rechtsextremismus aufgezeigt werden und nicht durch Falschmeldungen vertuscht werden. (M-MEDIA/Konstantin Auer)
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