Hofburg: WKR-Ball vor dem Aus – Strache schäumt

04.12.2011 | 15:30 | Alexander Pollak

Gastkommentar. Der Burschenschafter-Ball in der Hofburg steht vor dem Aus. Wie es dazu kam, dass die extreme Rechte eine schwere Niederlage einstecken musste, und was noch getan werden muss.

Es ist eine Frage, die schon seit vielen Jahren die Gemüter erhitzt: Darf Rechtsextremismus einen Platz in der Mitte unserer Gesellschaft haben? Die Frage stellte sich 2008 bei der Wahl von Martin Graf zum dritten Nationalratspräsidenten, sie stellt sich gerade eben bei der Einreiseerlaubnis für den Rechtsextremisten und Holocaustleugner David Duke und sie stellt sich alljährlich beim Ball des von rechtsextremen Vereinigungen mitgetragenen Wiener Korporationsrings (WKR) in der Hofburg.

Martin Graf, Mitglied der als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Olympia und vormals Arbeitgeber von Personen, die gerne Naziutensilien kaufen, ist noch immer dritter Nationalratspräsident. Auch der aus zahlreichen europäischen Ländern verbannte Holocaustleugner David Duke darf weiterhin unbehelligt ins Salzburger Pinzgau einreisen. Doch die Hofburg will nach mehr als vier Jahrzehnten endlich ihre Tore für rechtsextreme Vereinigungen schließen. Dass es zu dieser symbolträchtigen Niederlage der extremen Rechten kam, ist einem Strategiewechsel der GegnerInnen des Rechtsextremismus zu verdanken.

Der Strategiewechsel

Früher als sonst machten sich dieses Jahr zivilgesellschaftliche Organisationen und progressive Teile der österreichischen Politik Gedanken darüber, wie der kommende WKR-Ball aus der Hofburg, und damit aus dem staatstragenden Zentrum der Gesellschaft, verbannt werden könnte. Für zusätzliche Empörung, aber auch für zusätzlichen Antrieb sorgte dieses Mal, dass der WKR-Ball für den 27. Jänner 2012 gebucht ist, dem internationalen Gedenktag zur Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.

Rasch wuchs die Anzahl an Organisationen, die sich gegen den Ball vernetzten. Mit dabei waren – neben  SOS Mitmensch – die Israelitische Kultusgemeinde, das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, der Verein Gedenkdienst, das Mauthausen Komitee, Asyl in Not, die Österreichische HochschülerInnenschaft, die Grünen, die Grünalternative Jugend, die Wiener SPÖ und die Sozialistische Jugend.

Während sich in den vergangenen Jahren der Versuch, den Ball zu verhindern, hauptsächlich auf die politischen EntscheidungsträgerInnen – die Hofburg ist im Eigentum der Republik Österreich – konzentrierte, wurde diesmal ein anderer Weg eingeschlagen. Diesmal sollte nicht nur die Politik, sondern auch die privaten Gesellschafter der Hofburg in ihre demokratische und staatstragende Pflicht genommen werden. Denn hinter der Adresse Hofburg versteckt sich eine komplizierte Gesellschafterkonstruktion.

Die Republik Österreich – vertreten durch die Burghauptmannschaft, die wiederum dem Wirtschaftsministerium unterstellt ist – hat die Festsäle der Hofburg an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung namens „Kongresszentrum Hofburg“ verpachtet. Das „Kongresszentrum Hofburg“ wird wiederum von einer Reihe an privaten Gesellschaftern getragen, mit dabei sind etwa das Hotel Sacher, die Schick Hotels, die Austria Hotels, die Danube Hotels, das Verkehrsbüro Österreich und die Casinos Austria.

Manchmal kann es ganz schnell gehen

SOS Mitmensch ergriff in Absprache mit seinen VernetzungspartnerInnen die Initiative und schickte Mitte November ein erstes Rundschreiben an alle privaten Hofburg-Gesellschafter. Kurz darauf wurde auch telefonisch bei den Firmen nachgehakt, die inzwischen auch ein Schreiben der Israelitischen Kultusgemeinde erhalten hatten, in dem nochmals eindringlich auf den Charakter des WKR-Balls hingewiesen wurde. Und dann ging alles überraschend schnell.

Hatte die Geschäftsführerin des Kongresszentrums Hofburg in einem ersten Telefongespräch mit SOS Mitmensch am 21. November noch abgewunken und vom WKR-Ball als „besonders elegantem“ Ballereignis geschwärmt, kippte die Stimmung kurz darauf. Eine wichtige Rolle hierbei spielte Hofburg-Mitgesellschafter Casinos Austria, die am 30. November in einem Schreiben an SOS Mitmensch verkündeten: „Wir lehnen jede Form von Extremismus entschieden ab und wollen Organisationen, die die nötige Distanz zu einschlägigem Gedankengut vermissen lassen, keine Bühne geben. Daher wird sich der Vertreter von Casinos Austria in der Generalversammlung am 1. Dezember gegen die Abhaltung dieses Balls aussprechen.“

Am Nachmittag des 1. Dezember wurde schließlich auf der Versammlung der Hofburg-Betreiber beschlossen, dass spätestens 2013 Schluss mit dem WKR-Ball in der Hofburg sein müsse. Darüber hinaus ließ die Hofburg-Geschäftsführung verlautbaren, dass ihr eine Absage des WKR-Balls 2012 durch den Ballveranstalter sehr gelegen käme.

Die FPÖ schäumt, und der Kampf geht weiter

Während für viele Menschen das bevorstehende Aus des Burschenschafter-Balls in der Hofburg ein bedeutender Etappensieg gegen die extreme Rechte ist, kommen wütende Reaktionen von Seiten der FPÖ. So schimpft FPÖ-Obmann Strache über „linksextreme Krawallbrüder“ und „grün-anarchistische Anti-WKR-Ball-Demonstranten“, denen die Hofburg GmbH nachgegeben habe. „Der Demokratie und der offenen Gesellschaft werde hier schwerer Schaden zugefügt“, so Strache, der darüber hinaus betont, dass „eine solche Menschenhatz in einer Demokratie des 21. Jahrhunderts nichts mehr verloren habe.“

Strache scheint es nicht in den Sinn zu kommen, dass es vielleicht der Rechtsextremismus ist, der in einer Demokratie des 21. Jahrhunderts nichts mehr verloren hat. Dem FPÖ-Obmann scheint es auch ganz und gar nicht zu schmecken, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus zugleich auch ein Kampf für Gleichberechtigung, Emanzipation und gegen Rassismus und Diskriminierung ist.

Dieser so wichtige Kampf für eine nachhaltig zukunftsfähige Gesellschaft ist noch nicht gewonnen. SOS Mitmensch hat daher die Bundesregierung, die sich viel zu oft von rechten Hetzern vor sich hertreiben lässt, dazu eingeladen, sich aktiv für ein offenes, gleichberechtigtes und rassismusfreies Österreich stark zu machen und gemeinsam Druck auszuüben, damit der Rechtsextremismus nicht erst 2013, sondern schon vor dem skandalösen Balltermin am Holocaust-Gedenktag 2012 ein für alle Mal aus der gesellschaftlichen Mitte verbannt wird.

Alexander Pollak ist Sprecher von SOS Mitmensch.


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