Film: Die Afrodeutsche Mo Asumang auf den Spuren der Arier

30.04.2014 | 12:59 | Tamara Tanasijevic

Gestern lief auf ARTE die Erstausstrahlung von Mo Asumangs Dokumentation „Die Arier“. Wer ist Arier? Woher stammt das nationalsozialistische Ideal eines blonden, blauäugigen Ariers? Woher kommen die Arier? Diesen Fragen und vielen mehr versucht Mo Asumang, afro-deutsche Filmemacherin und TV Persönlichkeit, auf den Grund zu gehen. Motiviert durch ihre persönlichen Erfahrungen mit Rassismus, begibt sich die Regisseurin auf eine Reise in das Herz der rechten Szene und lässt mit ihrer unverblümten Direktheit und Neugier sogar so manchen Neonazi staunen.

Mo Asumang ist Deutsche und dennoch Zeit ihres Lebens Zielscheibe mehrerer rassistischer Anfeindungen gewesen. Verstehen kann sie diese Feindseligkeiten nicht, ist aber dennoch gewollt in ein Gespräch mit ihren Angreifern zu treten. Nach ihrem erfolgreichen Erstlingswerk „Roots Germania“, unternimmt Asumang den Versuch in einem Dialog mit Neonazis Antworten auf ihre Fragen zu finden. Diese Unternehmung gestaltet sich zumindest auf den Kundgebungen der rechten Szene nicht leicht, denn der durchschnittliche Neonazi meidet den Kontakt zu Andersdenkenden und funktioniert nur als Teil der rechten Masse. Diese Absicht scheitert. Abgesehen von ein paar primitiven Beleidigungen à la „Geh doch zurück nach Afrika“, wird sie systematisch angeschwiegen. Auffällig ist, dass die rechten Anhänger nicht einmal annähernd ihrem angepriesenen optischen Ideal entsprechen. Hitler war ja auch nicht blond und blauäugig.

Da ihr die Neonazis keine Auskunft geben wollten, begibt sich Mo Asumang auf die Straße nach der Suche nach dem echten Arier. „Sind Sie Arier?“ „Ja….also, ich bin Deutscher.“ Das kann der Passant mit dem Arierausweis seines Vaters belegen. Der musste sich nämlich 1941, um eine Lehrstelle zu bekommen, damit ausweisen können. Deutschblütig ist arisch, in diesem Sinne ist der zugelaufene Fußgeher ein waschechter Arier. Und was ist nun Deutsch? Welche Vereinigung könnte diese Frage wohl besser klären, als die Burschenschafter.

Bei einem Gedenkfest auf der Wartburg begegnet Mo Asumang den altehrwürdigen Hütern und Bewahrern der „deutschen Werte“. Die kostümierten Männer jeglicher Generation pflegen im Rahmen solcher Veranstaltungen ihre traditionreichen Sitten, das „nationale Erbe“. Als Asumang versucht mit einzelnen Mitgliedern zu sprechen, verweisen sie diese auf das Presseorgan der Burschenschaft. Sie selbst, als Individuen, äußern sich nicht. „Aber ihr seid doch alle gebildete, junge Menschen. Ihr müsst doch eine eigene Meinung dazu haben?“ No comment. Eine Antwort erhält sie allerdings: Ihr Vater, gebürtiger Ghanese, hätte keine Chance gehabt der Burschenschaft beizutreten. Nach ihren Rechtmäßigkeiten ist er nicht deutsch.

Nach den Gesprächen bleiben große Ungereimtheiten. Deswegen begibt sich die Filmemacherin in die USA, um dort mit einigen Vertretern der größten Hate Groups zu sprechen. Im Süden ist sie spätnachts mit dem Ku-Klux-Klan verabredet. Gefährliche und unsichere Umstände, würde man meinen. Nach langem Warten erscheinen zwei Angehörige, einer von ihnen in der berüchtigten Vollmontur. Sie seien keine Rassisten, sie würden sich bloß als Menschen weißer Hautfarbe diskriminiert und in den USA bereits als Minderheit empfinden. „Glaubt ihr das wirklich?“, fragt Mo erstauntermaßen. Wie können Sie dann so eindeutig rassistische Symbole tragen und behaupten keine Rassisten zu sein? Die Ku-Klux-Klan Kutte ist ganz klar mit rechtsextremen Verbrechen gegen schwarze Menschen verbunden. „Diese benutzen wir nur noch zeremoniell, wenn wir Kreuze anzünden, in Gedenken an Jesus, der auch aus dem Licht erschienen ist.“ „Aber Jesus liebt auch die schwarzen Menschen. Wenn ihr Jesus gedenkt, gedenkt ihr gleichzeitig der Werte, die er vertrat, eines davon ist Liebe.“ Die jungen Ku-Klux-Klan Mitglieder scheinen perplex: „Aber wir lieben ja eh, und zwar unsere weiße Rasse!“ Eine etwas unbefriedigende Antwort.

Tom Metzger ist eine der populärsten Figuren der internationalen rechten Szene. In seiner täglichen Radioshow spricht er von den Ariern als Auserwählte der weißen Rasse, die sich den Titel erst mal verdienen müssten, indem sie etwas für die eigene Rasse leisten. Wie, das erklärt er nicht. Im Gespräch mit Mo Asumang erläutert er, dass ihr Vater durch das Vermischen seiner Gene mit ihrer Mutter, ein sogenanntes „Gene-hijacking“ betrieben hätte, um seine eigene Rasse aufzuwerten. Der Vergleich zwischen schwarzen Menschen und Affen bleibt da auch nicht aus. Man erkennt, dass Tom Metzger ein lukratives Geschäft aus seinen Hasstiraden gemacht hat. Er ist professioneller Hetzer, privat umarmt er aber Mo Asumang, als er denkt, dass die Kameras nicht mehr mitfilmen würden.

Da rechtsextreme Gruppierungen, aber auch normale Bürgerinnen und Bürger aus Unwissenheit und Fehlinformation zumeist ihre eigenen Auffassungen von „arisch“ an den Tag legen, sucht Mo Asumang nach der Aufklärung in der Sprachwissenschaft. Die Erkenntnisse dort führen sie dann tatsächlich in das „Land der Arier“, den Iran, und zur Einsicht, dass die echten Arier friedliebende Menschen sind, die Gleichheit und Toleranz predigen. Rassismus hat mit dem Begriff nichts zu tun. Die Arier verurteilen Hitler und die missbräuchliche Verwendung des Wortes im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie. Ein starker Moment, der den ZuseherInnen bestimmt in Erinnerung bleiben wird.

Ihre gesamte Recherchearbeit lässt Mo Asumang zusammen mit einem ehemaligen Neonazi Revue passieren. Es war eine spannende Reise, doch der Kampf gegen Rassismus geht weiter. „Um Rassismus zu bekämpfen, muss man bereit sein, von der eigenen Kraft etwas abzugeben.“ Zum Glück hat Mo Asumang davon genug.


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