Liebe Südafrikaner, ein Afrikaner ist kein Fremder in Afrika

23.04.2015 | 11:05 | simon INOU

Zum zweiten Mal innerhalb von sieben Jahren wüten in Südafrika tödliche fremdenfeindlichen Unruhen. Während 2008 die meisten Opfer aus Mozambique, Malawi und Simbabwe waren, hat sich jetzt die Zahl der afrikanischen Länder, aus denen die Opfer stammen, erweitert.

Seit zwei Wochen haben es afrikanische Migranten in Südafrika überaus schwer. Sie werden gezielt verjagt, misshandelt, terrorisiert, ja gelyncht. Die Täter – die meisten gehören der größten Bevölkerungsgruppe des Landes, den Zulus an – reagierten auf einen Appell ihres Königs, Goodwill Zwelithini, vom 20. März. Der Anführer der Zulu hetzte da seine Leute bewusst gegen Ausländer auf; besonders gegen Migranten, die wirtschaftlich erfolgreich sind und kleine Läden besitzen.

Laut südafrikanischen Medien erklärte er bei einem Besuch in der Provinzstadt Pongola wörtlich: „Die Ausländer sollten ihre Sachen packen und abhauen, da sie in einer ungerechten Konkurrenz mit Südafrikanern stehen.“ Obwohl er in Südafrika nur eine repräsentative Position hat, wiegen die Worte des mächtigsten Königs des Landes schwer. Ein Grund für die Gewalttaten ist die weit verbreitete Meinung, dass Einwanderer aus anderen afrikanischen Ländern Südafrikanern ihre Jobs wegnehmen.

Oft die miesesten Jobs

Die südafrikanische Denkfabrik Migrating for Work Research Consortium (MiWORC), die sich mit den Auswirkungen von Migration auf dem südafrikanischen Arbeitsmarkt beschäftigt, ist anderer Meinung. 2014 veröffentlichte sie zwei Studien. Darin heißt es, dass nur vier Prozent der insgesamt 33 Millionen Beschäftigten in Südafrika Migranten sind, also 1,2 Millionen; 79 Prozent davon kommen aus afrikanischen Ländern, 17 Prozent sind Weiße, drei Prozent Asiaten.

Während 26,16 Prozent der Südafrikaner arbeitslos sind, sind es nur 14,68 Prozent von den Migranten. Laut einer Studie leben diese überwiegend aus dem übrigen Afrika stammenden Migranten oft von miesen Jobs und sind in Arbeitsbereichen tätig, die Einheimische meiden, oder sie sind im „informellen Sektor“ beschäftigt.

Undankbares Südafrika

In anderen afrikanische Staaten ist man über die Fremdenfeindlichkeit – Afrophobia genannt – der Südafrikaner schockiert. Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas versteht nicht, „warum Menschen, deren Nationen sich für das Ende des Apartheidsystem geopfert haben, heute in Südafrika barbarisch getötet werden“. Ecowas wünscht sich einen nationalen Aktionsplan gegen Fremdenfeindlichkeit in Südafrika.

Aktives Mitglied von Ecowas ist Nigeria. Laut dem Südafrikanischen Institut für internationale Angelegenheiten gab Nigeria zwischen 1970 und 1994 61 Milliarden Dollar für die Bekämpfung der Apartheid aus. Die nigerianische Botschaft in Botswana stellte über 300 Reisepässe für Südafrikaner aus, die das Land verlassen wollten.

„Die fremdenfeindlichen Attacken sind nicht akzeptabel“ sagte auch die Afrikanische Union und weist ebenfalls auf ihre Rolle bei der Bekämpfung der Apartheid hin. In ganz Afrika ist die Empörung groß, und die Afrikaner fragen sich, was für ein Afrika in der südafrikanische Hymne wohl gemeint sei, wenn es dort heißt: „Gott segne Afrika“. Sicher nicht der Kontinent, der bis heute darunter leidet, dass von den europäischen Kolonialmächten willkürlich gezogene Grenzen viele Völker getrennt hat.

Nein, ein Afrikaner ist kein Fremder in Afrika. Ein Afrikaner ist überall in Afrika zuhause. Das war auch der Grund, warum Südafrikaner während der Apartheid überall in Afrika zuhause waren.


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