Obama besucht Afrika wo er keine Chance hätte gewählt zu werden

05.06.2013 | 14:55 | simon INOU

Die Wahl Barack Obamas im Jahre 2008 hat die ganze Welt bewegt. Auch in vielen afrikanischen Ländern waren vor allem junge Menschen begeistert. Sie machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Afrika aus und hätten wohl auch Obama gewählt. Die autoritären, afrikanischen Staatschefs hingegen hätten Obama wohl nur über ihre Leiche gewählt, auch wenn sie an der Oberfläche mit der Wahl höchst zufrieden waren. Tatsächlich hätte Barack Obama aber in keinem Land Afrikas eine Chance, gewählt zu werden. Zum zweiten Mal bereist Obama Afrika. Vom 26. Juni bis 3. Juli 2013 wird er  Senegal, Südafrika und Tansania bereisen.

 

Der afrikanische Kontinent ist ein Moloch. Auf einer Fläche von 30 Millionen Quadratkilometern unterteilt in 54 Länder leben derzeit 924 Millionen Menschen. Politisch und wirtschaftlich betrachtet ist dieser Kontinent nicht stabil. Schuld daran sind Europäer – aber auch Afrikaner, insbesondere afrikanische Politiker, Staatschefs und viele führende „Intellektuelle“. Ab dem Jahr 1990 haben Proteste auf afrikanischen Strassen zur Einführung der „Demokratie“ geführt, aber 23 Jahre später sind die Ergebnisse dieser Bestrebungen immer noch überschaubar. Außer in Südafrika und Senegal wird jedoch die mehrzahl afrikanischer Länder von Schein-Demokraten und brutalen Diktatoren regiert. Am 8. Juni 2009 starb etwa Omar Bongo,  der damalige dienstälteste Staatschef Afrikas. Er hat sein Land Gabun 42 Jahre lang alleine regiert und geplündert.

Schuld an der mangelnden Demokratie in vielen afrikanischen Ländern sind mehrere Faktoren: eine starke Zersplitterung der Politik in ethnische Gruppen, Verfassungen, die eher den Mächtigen nützen als den Schwachen, der Ausschluss von jungen Menschen aus dem politischen Leben sowie die Tatsache, dass korrupte und autoritäre Herrscher immer noch international unterstützt werden. All diese Faktoren führen vor Augen, dass Barack Obama in einem afrikanischen Land nicht gewählt werden könnte. Warum?

1. Das Durchschnittsalter afrikanischer Staatschefs ist recht hoch: Barack Obama wurde mit 47 als Präsident der USA gewählt. Wäre er in einem afrikanischen Land, hätte er geringe Chancen. Das Durchschnittsalter afrikanischer Staatschefs ist 62. Der jüngste Präsident Afrikas ist Andry Rajoelina. Der 35jährige ehemalige Plattenaufleger sowie Radio- und TV-Gründer regiert in Madagaskar. Junge afrikanische Staatschef werden selten gewählt. Entweder versuchen Sie über einen Militärputsch  oder Volksaufstand (Madagaskar) an die Macht zu kommen oder sind Nachkömmlinge von ehemaligen Diktatoren, die die Familientradition des Herrschens fortsetzen wollen (Gabun).

 

2. Wahlgesetz und Verfassung nützen der mächtigen Elite: Eine andere Komponente der Wahl Barack Obamas ist die solide amerikanische Verfassung. In vielen afrikanischen Ländern ist die Verfassung ein bedeutungsloses Papier, das nach Lust und Belieben des regierenden Staatschefs geändert wird. Das Parlament spielt immer mit, da der regierende Staatschef immer eine absolute Mehrheit hat. Ein typisches Beispiel: Im Jahre 2005 wurde die Verfassung Togos so verändert, dass Faure Gnassingbe, der Sohn des ehemaligen Diktators Eyadema (dieser hatte sein Land 42 Jahre als Präsident regiert), die Macht übernahm, ohne gewählt zu werden.

 

3. Politisch instrumentalisierte Ethnizität: Zentrale Botschaft Obamas im Wahlkampf war der Reichtum seines ethno-kulturellen Backgrounds. Wäre das möglich in einem afrikanischen Land? Ja, aber nur in bescheidenem Maße. Den Nationalstaaten Afrikas, die nach dem Kolonialismus entstanden sind, fehlen identitätsstiftende Erfahrungen, die den Zusammenhalt aller ethnischen Gruppen festigen würden. In vielen afrikanischen Ländern regieren Politiker so, dass sie die ethnischen Unterschiede ausbeuten. Viele Staatchefs haben die Neigung, die eigene ethnische Gruppe und Kultur zu bevorzugen und gleichzeitig andere Volksgruppen gering zu schätzen, wenn nicht gar zu unterdrücken. In Kamerun beispielsweise kommen nur Angehörige der ethnischen Gruppe des Diktators Paul Biya zum Zug. Leitende Beamte in der Armee, in wichtigsten staatlichen Institutionen, in der Verwaltung sowie auf Botschaftsposten erhalten nur so ihre Posten. Die Eliten anderer Volksgruppen können zwar auch in hochrangige Ämter kommen, wenn sie der Partei des Diktators angehören. Allerdings müssen sie dann von Mitgliedern der regierenden Ethnie umgeben sein.

 

4. Ausschluss von jungen Menschen aus der Politik: Barack Obama hat es geschafft, mehr als zwanzig Millionen junge Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren zu mobilisieren, die ihn wählten. Afrika ist ein junger Kontinent. Mehr als 600 Millionen Menschen sind unter 29. In vielen Ländern des Kontinents werden diese aber aus verfassungstaktischen Gründen von der Wahl ausgeschlossen. Der Zugang zu Wahlkarten wird erschwert, das Wahlalter beliebig erhöht oder gesenkt. In der Regel wählen diese jungen Menschen andere Parteien als die regierenden.

 

5. Internationale Unterstützung nutzt oft nur afrikanischen Staatschefs, die ihr Volk unterdrücken: Barack Obama genießt internationale Unterstützung. Er verkörpert ein anderes Amerika. Ein afrikanischer Staatschef mit ähnlichen Ansichten würde die westlichen Mächte nur ärgern. Ein Beispiel aus dem westafrikanischen Land Burkina Faso: Thomas Sankara (1949 – 1987) wurde mit 33 Jahren Staatspräsident Burkina Fasos und wollte sein Land reformieren. Er nahm den Kampf gegen Hunger und Korruption auf und verbesserte das Gesundheitssystem. In einem Interview erzählte Fidèle Kientega, der ehemalige Weggefährte Sankaras, wie es dazu kam, dass Sankara ermordet wurde: Die mächtigsten Gegner Sankaras kamen von außen: Die westlichen Industrienationen fürchteten, dass Sankara mit seiner »Entwicklung mit eigenen Mitteln« ihre Geschäftsinteressen tangieren und mit seiner Sympathie für die Blockfreien, die Sandinisten in Nicaragua und Fidel Castro in Kuba zum Vorbild für ganz Afrika avancieren könnte. Frankreich inszenierte mit Hilfe der Regierung in der Elfenbeinküste am 15. Oktober 1987 einen Staatsstreich, bei dem Sankara und zwölf seiner Weggefährten ermordet wurden. Zu seinen Mördern gehörte sein ehemals bester Freund Blaise Compaoré, der Burkina Faso seitdem in autokratischer Manier regiert“ (1).
—————-

1- thomassankara.net


ein Kommentar

  • Volker Seitz

    Ich würde auch gerne wissen welche Fakten in dem Artikel nicht stimmen sollen.Der ermordete charismatische Staatspräsident von Burkina Faso (1983–1987), Thomas Sankara, hat spektakulär bewiesen, dass es ein Motivations- und Mobilisierungspotenzial afrikanischer Verwaltung gibt. Er vervielfachte sicht- und messbarden Ertrag seiner Minister und Mitarbeiter allein dadurch, dass er gelegentlich überraschend und ohne protokollarischen Prunk in Büros und an Arbeitsplatzen erschien, ermunterte, kritisierte, positiv und negativ sanktionierte. Er lebte Nüchternheit vor, zwang seine Minister, in der Touristenklasse zu fliegen, und propagierte das Fahrrad und den Kleinwagen R5 als Verkehrsmittel. In der kurzen Regierungszeit hat er seinem Volk Wasser, Nahrung, Gesundheit und Bildung garantiert. Volker Seitz, Autor "Afrika wird armregiert" Geschrieben um 5. Juni 2013 um 19:10 Uhr Antworten

Kommentieren Sie den Artikel





Weitere Artikel von simon INOU