Volksbefragung: Plädoyer für ein Berufsheer

19.01.2013 | 19:21 | Siniša Puktalović

Diese Volksbefragung ist keine parteipolitische Frage. Es ist viel mehr eine Frage zwischen einem maroden Model des 20. Jahrhunderts und einem  modernen Model des 21. Jahrhunderts.

Eines gleich vorweg: Ich persönlich hätte mir von den Regierungsparteien mehr Informationen und eine länger geführte Debatte rund um diese Thematik gewünscht. Sei es nun, wie es sei. Ein Grund sich nicht an der Wahl am 20. Jänner zu beteiligen, ist das dennoch nicht. Viel zu wichtig sind die notwendigen Reformen innerhalb des österreichischen Heeres, wie auch im sozialen Bereich, als das man durch das Fernbleiben das alte System bestätigen sollte. Abgesehen davon, erleichtern die heutigen medialen Möglichkeiten die Informationsbeschaffung.

Einstimmung auf das Superwahljahr 2013

Wir schreiben das Jahr 2013. Wie schon im Jahr 2009 wartet auf Österreich ein Superwahljahr. Neben einigen Landtagswahlen werden die ÖsterreicherInnen zudem im September bei der Nationalratswahl zur Wahlurne gebeten. Ein Grund mehr die Bevölkerung darauf einzustimmen, dürften sich die Parteien gedacht haben. Nicht anders ist der Zeitpunkt der Volksbefragung, die durch ihren verbindlichen Charakter – wie es die Regierungsparteien zugesichert haben – einer Volksabstimmung gleich kommt, zu verstehen.

Selbst wenn mir die Umstände wie auch der Zeitpunkt der Volksbefragung ziemlich unangebracht erscheinen, ändert auch das nichts an der Tatsache, dass diese Volksbefragung eine für die österreichische Gesellschaft zukunftsweisende sein wird.

Die militärischen Anforderungen des 21. Jahrhunderts

Zugegeben kein Militär wäre das Beste überhaupt. Zwar gibt es einige Staaten auf dieser Welt, die sich damit rühmen können, kein Militär zu besitzen, für Österreich stellt das derzeit aber keine Option dar. Viel wichtiger wäre auf ein auf Freiwilligkeit beruhendes professionelles Heer umzusteigen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Die heutigen Bedrohungsszenarien sind andere als noch vor 50 Jahren, weswegen eine Massenmobilisierung nicht notwendig ist. Desweiteren kann nur ein professionelles Heer die militärischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie etwa Cyber-Kriminalität, Terror-Abwehr, biologische Waffen oder beispielsweise Auslandseinsätze im Rahmen von Friedenstruppen umfassend angehen. Oder glaubt tatsächlich jemand, dass die Grundwehrdiener dem gewachsen sind?

Katastrophenschutz

Allen ÖsterreicherInnen ist das Hochwasser vom Jahr 2002 noch in guter Erinnerung und natürlich auch die zahlreichen Grundwehrdiener, die sich durch ihre tatkräftige Hilfe auszeichneten. Dennoch darf der Katastrophenschutz nicht als Argument für die Beibehaltung des alten militärischen Systems dienen.

Erstens ist der Katastrophenschutz keine primäre Aufgabe des Heeres, sondern vielmehr der Feuerwehr, wovon auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zeugt, die sie nicht dafür ausbildet. Zweitens haben andere Katastrophen bewiesen, wie etwa die Überschwemmungen in Vorarlberg 2005, dass die Zusammenarbeit von freiwilligen Helfern und der Feuerwehr hervorragend funktioniert. Bei Bedarf können Profisoldaten gerne mithelfen.

Zivildienst vs. soziales Jahr

Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass die Zivildiener zur Wahlkampfmunition werden? Und noch viel wichtiger: wer hätte gedacht, dass die ÖVP sich zum Schutzpatron der Zivildiener erkoren lassen wird? Wahrscheinlich nur einige nicht ernst zu nehmende Zyniker.  Wie auch immer, es gibt durchaus gute Argumente, warum der Zivildienst sinnvoll sei, wie beispielshalber: dieser sei eine unersetzliche Stütze des Sozialsystems oder Arbeit für die Gesellschaft sei wichtig. Beiden Argumenten ist nichts abzusprechen. Versteht man aber, dass das soziale Jahr nichts anderes als ein auf Freiwilligkeit und gerechter Entlohnung beruhender Zivildienst ist, bleibt einen wenig Spielraum, um dagegen zu stimmen.

Keine parteipolitische Frage

Obwohl das politische Hick-Hack vor dieser Volksbefragung an dem Film „Swing Vote“ mit Kevin Kostner erinnert, wo die politischen Parteien ihre ursprünglichen Positionen – aufgrund möglicher Wählergunst – aufgeben und sich neu positionieren, ist diese Volksbefragung keine parteipolitische Frage. Es ist viel mehr eine Frage zwischen einem maroden Model des 20. Jahrhunderts und einem  modernen Model des 21. Jahrhunderts. Ich entscheide mich für das moderne Model.


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