Asyl: Zwölfjährige hofft auf humanitäres Bleiberecht

AUF EINEN BLICK
  • Die zwölfjährige Leonesa Mujaj floh als Siebenjährige mit ihrer Familie aus dem Kosovo. Ihr Asylantrag ging bis zum Obersten Gerichtshof – und scheiterte. Laut Innenministerium liegt der Ball nun bei der Stadt Wien, die der Familie – zumindest theoretisch – noch ein humanitäres Bleiberecht einräumen könnte.

11.12.2012 | 20:08 | Ilona Antal

Die zwölfjährigen Schülerin Leonesa Mujaj darf zwar vorerst in Österreich bleiben, wie lange noch, ist jedoch ungewiss. Leonesa Mujaj floh vor fünf Jahren mit ihren Eltern aus dem Kosovo.

Wien. Der Fall der zwölfjährigen Schülerin Leonesa sorgt für öffentlichen Aufruhr. Der Asylantrag der Familie Mujaj wurde vom Obersten Gerichtshof abgelehnt, weil es keine Hinweise auf nachhaltige Integrationsbestrebungen gebe. Gleichzeitig wurde auch festgestellt, dass die Familie Österreich verlassen muss.

Nun haben sich rund 500 Menschen – darunter Lehrer, Schüler, Bekannte und der Anwalt der Familie – für das Mädchen eingesetzt. Empörung löste die Tatsache aus, dass das Gericht Leonesa „keine nachhaltigen Integrationsbemühungen“ bescheinigte, obwohl sie dazu gar nicht befragt worden war und in der Schule Klassenbeste in Deutsch ist. Der Druck hat offensichtlich einen Aufschub gebracht. Die Abschiebung ist vorerst vom Tisch. Doch ob das so bleibt, ist unklar.

Leonesa Mujaj floh vor fünf Jahren mit ihren Eltern aus dem Kosovo. Damals war sie sieben Jahre alt. Doch daran kann sie sich nicht mehr erinnern. Dass sich so viele Menschen für sie einsetzen, gibt ihr wieder Hoffnung, sagt Leonesa.

„Ich bin nicht gern allein“, erzählt sie. Doch im Kosovo wäre sie nicht nur ohne ihre Klassenkameraden und ohne ihre Freunde, sie müsste auch die Klasse wegen sprachlicher Defizite wiederholen. „Es wäre für mich ganz schlimm, das will ich nicht noch einmal durchmachen“, sagt sie. Schließlich habe sie schon in Österreich mit acht Jahren eine Klasse wegen mangelnder Deutschkenntnisse wiederholen müssen.

Sorgen hat Leonesa für eine Zwölfjährige viele. Sie befürchtet, dass sie nicht in Österreich bleiben kann, ihre Freunde verliert. Und sie hat Angst um ihre Eltern. Sie wünscht sich, dass sie „endlich wieder arbeiten dürfen“. Das wäre allerdings nur mit einem Visum möglich.

Der Fall von Leonesa hat Menschenrechtsaktivisten, NGOs und Medien aufgescheucht. Verschiedenste Organisationen und Vereine fordern, dass Leonesa und Asylwerber, die in ähnlichen Situationen sind, ein humanitäres Bleiberecht bekommen. Gut integrierte Menschen, die sich in Österreich eine Existenz aufgebaut haben, sollten nicht abgeschoben werden, so der Tenor.

Wien entscheidet

Dazu meint Karl-Heinz Grundböck, Pressesprecher des Innenministeriums: „Wenn der Asylgerichtshof entscheidet, dass kein Asyl gewährt wird, liegt kein Schutzbedürfnis vor politischer Verfolgung vor.“ Anschließend werde geprüft, ob eine Ausweisung zulässig sei. Integration allein sei nämlich kein Argument, wenn es um die Gewährung von Asyl gehe. Für Entscheidungen über ein humanitäres Bleiberecht seien jedenfalls die Länder zuständig, sagt Grundböck. Im konkreten Fall ist das die Stadt Wien.

Heinz Fronek vom Verein Asylkoordination sieht das anders. Man soll bei Asylentscheidungen schon jetzt das Gewicht auf die Integrationsebene legen. Familien oder auch Einzelpersonen, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben und sehr gut integriert sind, sollte man hier bleiben lassen um familiäre Tragödien erst gar nicht heraufzubeschwören. Fronek plädiert dafür, dass Politik und Behörden ein größeres Augenmerk auf die Entwicklungsmöglichkeiten in den jeweiligen Herkunftsländern legen sollten. Man müsse ein genaues Monitoring betreiben, um zu sehen, was mit den Menschen nach ihrer Rückkehr eigentlich passiert, statt sie nur ins Flugzeug zu begleiten. „Unser Anliegen ist es, dass mehr Gewicht auf die Bedürfnisse dieser Menschen gelegt wird.“

Was die Bedürfnisse von Leonesa sind, wird in den Medien seit einigen Wochen breit diskutiert. Sie hat sich bereits daran gewöhnt, dass ihr Bild, ihr Name und ihre Lebensgeschichte in den Medien auftauchen. Leonesa fühlt sich in Wien zu Hause und hat auch ein Gespür dafür entwickelt, wer in Wien Macht und Einfluss hat.

„Ich würde gern den Bürgermeister von Wien bitten, uns zu helfen“, sagt die Schülerin. Die Zwölfjährige, die trotz Sorgen ihr Lachen nicht verloren hat, zählt darauf, dass ihr Wunsch, in Österreich bleiben zu dürfen, noch in Erfüllung gehen kann. Jetzt müssen die Behörden entscheiden.


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