Flüchtlinge unter freiem Himmel

11.12.2012 | 19:55 | Ania Haar

Mit einem Protestcamp im Park vor der Wiener Votivkirche wollen Asylwerber aus Traiskirchen auf ihre schwierige Situation aufmerksam machen. Die Kritik gilt unter anderem der Unterbringung im Flüchtlingslager.

Wien. In der eisigen Kälte und unter freiem Himmel harren im Wiener Sigmund-Freund-Park vor der Votivkirche am Alsergrund Flüchtlinge aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen aus. Mehrere große und kleine Zelte sind hier aufgeschlagen, eine provisorische Küche, ein Aufenthaltszelt mit Sitzbänken und Stühlen, Kleiderlager und Schlafplätze.

„Wir leben über zwei Wochen hier und werden noch sechs weitere hier bleiben wollen“, erzählt ein junger Mann aus Pakistan. „Wenn wir es schaffen.“ Mit dieser Protestaktion soll die Öffentlichkeit auf die schwierige Situation der Asylwerber aufmerksam gemacht werden. Die Kritik gilt unter anderem den langen Wartezeiten bis zum Ausgang des Verfahrens, schlechten Dolmetschern, dem fehlenden Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt, der schlechten Verfügbarkeit von Deutschkursen und anderen Ausbildungen sowie der Unterbringung im Flüchtlingslager selbst. Neu sind diese Forderungen alle nicht. Neu ist jedoch die Art des Protests. Dieser ging dieses Mal nämlich nicht wie sonst üblich von NGOs aus, sondern von den Betroffenen selbst.

Ein anderer Mann aus Pakistan, der gerade seit drei Monaten in Österreich ist, fürchtet, dass er nicht einmal den Antrag auf ein Asylverfahren stellen darf und bald in ein anderes Land abgeschoben wird. Ihm wurden seine Fingerabdrücke abgenommen, und er weiß nicht weiter. Warum er nach Österreich geflüchtet ist, will er nicht erzählen. Neben der Kälte ist hier nämlich auch eine große Verunsicherung zu spüren.

Nachdem in den Medien vor über zwei Wochen über den fast 40 Kilometer langen Protestmarsch der Flüchtlinge aus Traiskirchen nach Wien berichtet wurde, wagt niemand, mit seinem richtigen Namen öffentlich zu reden. Denn einige Flüchtlinge, die sich vor der Kamera geäußert haben, wurden nach ihrer Rückkehr von Traiskirchen aus in andere Bundesländer „transferiert“.

Das hat sich im Camp schnell herumgesprochen. Man geht nun davon aus, dass die Versetzungen kein Zufall waren. Also sind alle vorsichtiger geworden. Derzeit leben 30 bis 40 Flüchtlinge im Camp, aber die Zahl schwankt, weil die Teilnehmer wegen der Kälte häufig erkranken. „Aber der Alltag ist geregelt“, erklärt eine junge Studentin, die freiwillig am Infopoint Dienst hält.

Es gibt eine Liste, in der sich jeder eintragen kann, der am Infopoint sitzen möchte. Dieser soll 24 Stunden am Tag besetzt sein. Und Anlaufstelle für alle Anliegen sein.

So wie das jenes jungen Mannes, der sich als Mitglied der Sozialistischen Jugend vorstellt, zwei Mäntel vorbeigebracht hat und fragt, ob noch Brennholz gebraucht wird. Wird es. Man ist sich schnell einig: 550 Kilo Holz aus Mödling werden morgen mit einem Laster angeliefert werden.

Die Holzstelle ist da, zeigt die Studentin und betont: Wir haben viel positive Resonanz bekommen, dort steht zum Beispiel ein Zelt voller Kleider. Wie viele Menschen derzeit die Flüchtlinge unterstützen, ist nicht klar. Klar ist, dass es viele sind. Dennoch werden noch welche gebraucht, die helfen wollen. Denn die Kälte macht hier allen zu schaffen.


ein Kommentar

  • Laimer

    sie wurden nicht GEZWUNGEN unter freien Himmel auszuharren. Geschrieben um 12. Dezember 2012 um 23:04 Uhr Antworten

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