FP-Chef und Türke im Paarlauf

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18.11.2009 | 15:25 | Duygu Özkan

Bürgermeisterkandidat und Sohn türkischer Migranten sind Geschäftspartner.

HARD. Die meisten fahren hier durch. Auf der Strecke zwischen Deutschland und Schweiz streifen Autofahrer an der Marktgemeinde Hard in Vorarlberg nur vorbei. Legt man einen Zwischenstopp ein, so kommt man, gleich nach Bregenz, zum Autohaus Hard – zu einer bemerkenswerten türkisch-österreichischen Symbiose.

Die Besitzer Akin Abana und Markus Gritschacher sitzen an ihren Schreibtischen. „Wir reden schon über Politik“, sagt Abana mit Blick auf seinen Geschäftspartner. Abana ist Kind türkischer Migranten, Gritschacher Bürgermeisterkandidat der FPÖ.

Hard am Bodensee ist eigentlich nicht aufregender als andere Gemeinden. Ein Textilmuseum, ein bisschen Bodensee und Industriegebiet am Rand. Seit den 1980er- Jahren ist die Marktgemeinde, die 12.500 Einwohner zählt, auch eine solide ÖVP-Bastion. Und auch hier bestätigt sich ein bundesweiter Trend: Die Freiheitlichen konnten zwischen den Landtagswahlen 2004 und 2009 in Hard um 14,8 Prozent zulegen und die SPÖ vom zweiten Platz verdrängen.

Die nächsten Gemeinderatswahlen finden im März 2010 statt – Gritschacher (stellvertretender Ortsparteiobmann) bereitet sich jetzt schon vor. Der Harder rechnet sich gute Chancen als Vizebürgermeister aus. „Aber Sprüche wie ,Daham statt Islam‘ wird es bei mir nicht geben. Das entspricht nicht meiner Auffassung“, sagt er. „Mein Kollege hat einen türkischen Pass. Das ist doch kein Problem.“ Verkehr und jugendlicher Vandalismus, das sei das Problem. „Das werde ich thematisieren. Und wenn Ausländer, dann sachlich.“ In Hard hat jeder Achte Migrationshintergrund. Abgesehen von diesem Thema ist Gritschacher ein treuer Anhänger seiner Partei, vor allem lobt er das „liberale Wirtschaftsprogramm“.

Wenige Migranten bei Feuerwehr

„Ich weiß nicht, ob die FPÖ den besseren Weg geht“, sagt Akin Abana. Er kam mit sieben Jahren nach Vorarlberg. „Meine Eltern haben in einer Fabrik gearbeitet. Wir haben lange in Holzbaracken gewohnt“, erinnert sich der 40-Jährige. Der Lackierer und Kfz-Spengler gründete mit dem FP-Politiker vor neun Jahren das Autohaus.

„Es gibt sicher Momente, in denen die FPÖ zu krass auftritt. Sie wollen Sachen erzwingen, die so nicht gehen“, sagt Abana. Mit Ausweisungen und Verweigerung der Staatsbürgerschaft zu drohen, wenn nicht sofort Deutsch gelernt werde, sei widersinnig. Richtiger sei es, Migranten zu vermitteln: „Wenn du die Sprache nicht kannst, kannst du dich nicht wehren.“ Aber es gebe auch Konsens mit der FP-Politik. „Ich bin auch über die steigende Kriminalität besorgt“, sagt er. Migranten müssten viel mehr unternehmen, „nur wenige sind in Vereinen oder bei der Feuerwehr engagiert.“

Und wie die Zusammenarbeit eines Migranten mit einem FPÖ-Politiker funktioniert? „Bei der Arbeit reden wir nicht über Politik.“

(DUYGU ÖZKAN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 18. November 2009)


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