Nationalismus: Die Grauen Wölfe
10.05.2011 | 17:43 | Rusen Timur Aksak
Türkisch-nationalistische Partei MHP hat auch einige Anhänger in Österreich und organisiert insbesondere über sogenannte „Idealistenvereine. Vor allem im Westen Österreichs sind die „Grauen Wölfe“ stark präsent.
Wien. Der gestrige dritte Mai war für türkische Nationalisten ein Gedenktag – er soll an den „Rassismus-Turanismus“-Prozess des verstorbenen Parteiführers der MHP, Alparslan Türkeş, und seiner Gesinnungsgenossen im Jahr 1944 erinnern.
Die türkisch-nationalistische MHP hat so wie alle politischen Lager der Türkei auch ihre Sympathisanten in Österreich und organisiert und rekrutiert insbesondere über sogenannte „Idealistenvereine“ (Ülkü Ocaklari), aber vor allem über Jugendklubs und Amateur-Fußballmannschaften neue Mitglieder und Sympathisanten.
In Österreich gibt es einen regionalen Schwerpunkt der „Idealisten“ insbesondere im Westen des Landes. Die „Avusturya Türk Federasyon“ (Türkische Föderation – Österreich) ist der zentrale Dachverband hiesiger Vereine und Jugendklubs. Bemerkenswerterweise werden die türkischen „Idealisten“ in Österreich zu den islamischen (Groß-)Verbänden gerechnet, obwohl die politische Ausrichtung anti-islamistisch ist, und nicht alle Kulturvereine oder Jugendklubs über Gebetsmöglichkeiten verfügen.
Der österreichische Verfassungsschutzbericht von 2009 attestiert den sogenannten „Grauen Wölfen“ ein gewisses Gewaltpotenzial, da einige Anschläge auf kurdische Lokale und Vereine auf ihr Konto gehen würden. Der Bericht hält aber ebenso fest, dass es eine in Relation zu kurdisch-nationalistischen Gruppierungen „weniger straffe“ Organisation gibt. Im Verfassungsschutzbericht 2010 werden die Grauen Wölfe gar nicht mehr erwähnt.
Genaue Zahlen über Mitglieder und Sympathisanten gibt es nicht, da schon der Begriff „Grauer Wolf“ im Grunde eine inkorrekte Fremdbezeichnung ist. Die Grauen Wölfe waren eine paramilitärische Teilorganisation der MHP im Rahmen der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremen der 1960er bis 1980er in der Türkei. Nach dem Militärputsch von 1980 wurden sie aufgelöst. Dennoch kann man in Österreich von einigen hundert Sympathisanten und Mitgliedern in den „idealistischen“ Vereinen und Gruppierungen ausgehen.
Gegen Zionisten und Amerika
Die MHP ist wie ihre Teil- und Vorfeldorganisationen eine ultranationalistische, aber auch anti-islamistische, tendenziell minderheitenfeindliche Partei. Auch Zionisten, Freimaurer, Amerika und (Sowjet-)Russland zählen zu den Feinden eines angestrebten großtürkischen Reiches, das vom Balkan bis nach China reichen soll.
Offiziell will der Dachverband nicht an die Öffentlichkeit gehen, inoffiziell hört man allerdings Klagen über „verzerrte Darstellung“ in den Medien. Die betreffe aber nicht nur die Grauen Wölfe, sondern alle „türkischen“ politischen wie religiösen Gruppierungen.
(RUSEN TIMUR AKSAK, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 04.05.2011)