Kärnten: Palästinensischer Vizebürgermeister

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18.11.2009 | 15:27 | Kerstin Kellermann

Der palästinensischer Vizebürgermeister in Kärnten wünscht sich, dass die Leute wieder ihre Wurzeln schätzen.

KLAGENFURT. „Meine Städte sind immer kleiner geworden“, sagt Valid Hanuna lachend. Er ist Vizebürgermeister der Gemeinde Köttmannsdorf in Kärnten mit seinen gerade einmal 3000 Einwohnern. Aufgewachsen ist der Palästinenser in der Millionenmetropole Damaskus in Syrien, studiert hat er im wesentlich kleineren Laibach, ehe er nach Kärnten gekommen ist. „Die nächste Verkleinerungsstufe wäre wohl eine einsame Insel.“

Hanuna ist nicht der einzige Zuwanderer. „Wegen einer kirchlichen Veranstaltung zum Thema Gleichberechtigung und Vielfalt haben wir die Sprachen der Bewohner in Köttmannsdorf einmal gezählt. Es sind 17! Da waren wir selber überrascht.“ Für ihn selbst war Integration immer ein Thema: Hanunas Vater war 1959 der erste arabische Student in Slowenien, seine Mutter ist Slowenin.

„Mit der Integration funktioniert es so, wie man sich selber einstellt“, meint er. „Hier im Dorf weht kein feindlicher Wind, aber man wird auch nicht mit offenen Armen empfangen.“ Der 47-Jährige ist Physiotherapeut und Betriebsrat bei der Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe Kärntens, einem großen Anbieter von Sozialleistungen.

Ursprünglich wollte er gar nicht SPÖ-Spitzenkandidat fürs Bürgermeisteramt sein, das Wahlergebnis gab ihm schließlich recht. Diskriminiert fühlt sich Hanuna nicht. Das komme nur manchmal vor, „in unqualifizierten Situationen, wenn jemand zu viel Alkohohl getrunken hat“. Aber: „Das tut mir nicht weh.“

Simultanübersetzung im Verein

Im Umgang mit der slowenischen Volksgruppe empfiehlt er Offenheit: „Wir haben jetzt im Slowenischen Kulturverein Gorjanci bei unseren Veranstaltungen Simultanübersetzung. Damit niemand mehr sagen kann: ,Ich verstehe nicht alles.‘“ Der Verein ist der älteste Kulturverein Köttmannsdorfs und besteht seit 1885.

Für den Ort direkt am Fuße der Karawanken, in dessen Ortsteil Lambichl Jörg Haider vor gut einem Jahr seinen tödlichen Unfall verursacht hatte, wünscht er sich, dass „die Leute wieder lernen, ihre Wurzeln zu schätzen, die Kärntner Kultur in beiden Sprachen pflegen, den Nachbarn respektieren und den Mut kriegen, sich das Anderssein vorzustellen“.

(KERSTIN KELLERMANN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 18.11.2009)


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