Polizisten zu Bakary J. : „Wir haben den Befehl dich umzubringen“

25.04.2012 | 12:53 | REDAKTION

Wien, 25, April 2012 – Drei in die Folteraffäre um den aus Gambia stammenden Bakary J. involvierte Wiener Polizisten sind jetzt doch aus dem Polizeidienst entlassen worden, berichtet der „Falter“. Ein vierter Polizist, jener, der den Folterbeamten die Lagerhalle in Simmering aufsperrte, wurde wieder nicht entlassen, sondern nur mit einer Geldstrafe zurück in den Dienst geschickt. Afrikanet.info verfolgte jahrelang diesen Fall und liefert hier das Vernehmungsprotokoll von Bakary J.

Vernehmungsprotokoll zu den Misshandlungsvorwürfen gegen Bakary J. Zur Dokumentation im Büro für besondere Ermittlungen der BPD Wien am 10. April 2006 von 11.15 bis 14 Uhr.

„Am 07.04.2006, um ca. 05.00 Uhr wurde ich von drei
 Polizisten vom Arrest abgeholt und in ein Fahrzeug gebracht. Ich hatte
 keine Handfessel angelegt. Im Fahrzeug saß ein Polizist hinter dem
 Lenkrad, ein Polizist neben mir und ein Polizist hinter mir. Die Fahrt
 am Flughafen verlief völlig normal. Wir fuhren bis zum Rollfeld und
 mussten vor dem Flugzeug warten…..

!!! Rechtschreibfehler wurden nicht ausgebessert !!!

…Nach einigen Minuten konnten wir das Flugzeug besteigen. Im Flugzeug habe ich eine Flugbegleiterin angesprochen
und dieser mitgeteilt, dass ich nicht freiwillig hier bin und meine Frau nicht weiß, dass ich abgeschoben werde. Dasselbe habe ich auch dem Piloten mitgeteilt. Der Pilot sagte dann, dass er mich nicht mitnehmen werde, wenn ich nicht will. Daraufhin begab ich mich mit den Polizisten wieder zurück in das Polizeifahrzeug und wir fuhren zurück zu der Polizeistation am Flughafen. Der Polizist der neben mir saß, ging in die Polizeiinspektion. Nach einiger Zeit kam der
 Polizist zurück. Im Fahrzeug hat er dann mehrere Telefonate geführt. Er wurde auch mehrmals angerufen. Anschließend sind wir zum Hauptterminal gefahren. Derselbe Polizist ist in das Gebäude gegangen und hat irgendetwas erledigt. Ich weiß nicht, was es war. Ich glaube, dass er wegen den Tickets bzw. meinem Gepäck hinein gegangen ist.

„Du Motherfucker, jetzt haben wir dich – Wir haben den Befehl dich umzubringen“

Im Anschluss sind wir wieder zurück zu der Polizeiinspektion gefahren. Während der Fahrt zur Polizeiinspektion fragte ich den Polizisten, was mit meinem Gepäck los ist. Daraufhin sagte der Polizist der neben mir saß in einem perfekten Englisch zu mir „Heute kommt dein Ende, du wirst deine Tasche nicht mehr brauchen. Wir haben den Befehl dich umzubringen.“ [„Today is your end, you won’t need your bag any more. We have orders to kill you“]. Der Polizist hinter mir sagte zu mir „Du Motherfucker, jetzt haben wir dich. [You motherfucker, we have got you]. Auf Deutsch sagte er: „Wir wissen, dass du nicht nach Hause will und dass du deine Frau nicht verlassen willst.“ Auf Englisch hat er hinzugefügt: „But they will not see you again“. Damit meinte er meine Familie. Ich fragte den Beamten neben mir: „Wer hat meine Ermordung angeordnet“ [Who order my killing?“], und er sagte: „Baden und höheren Ortes“. [„Baden and above“]. Baden deshalb, weil ich in Hirtenberg war, in Baden ist mein Referent.

Der Polizist, welcher neben mir saß, ist neuerlich in die Polizeistation gegangen. Als er wieder zurück kam, führte er weitere Gespräche am Handy und ließ auch den Fahrer am Handy sprechen. Wir sind dann losgefahren Richtung Wien. Während der Fahrt auf der Autobahn hat er weitere Gespräche am Handy geführt, ebenso der Fahrer. Wir sind von der A4 auf die A 23 eingemündet und sind bei der Abfahrt Handelskai von der Autobahn abgefahren. Wir fuhren bis zur Aspernallee bogen dort ein, fuhren am Lusthaus vorbei, 200 Meter weiter haben wir umgekehrt und im Anschluss das Fahrzeug geparkt.

Der Polizist hat wieder mehrere Telefonate geführt. Als diese beendet waren, sind wir wieder weitergefahren, die Aspernallee zurück und weiter Richtung Freudenauer Hafen, Zinnergasse und wieder auf die A4. Wir sind dann wiederum denselben Weg gefahren: A23 – Abfahrt Handelskai (Wehlistraße). Nach ca. 50-100 Metern blieben wir unter einer zwei geteilter Brücken stehen. Unter der Brücke parkte ein weißer Lieferwagen (Van). Unser Fahrzeug hielt Seite an Seite neben diesem Fahrzeug. Es war nur ca. ein halber Meter zwischen den Fahrzeugen. Einer der Polizisten führte wieder ein Telefonat. Nach dem Telefonat stiegen alle drei Polizisten aus und ich war alleine im Fahrzeug. Das andere Fahrzeug 
war leer. Nach einigen Minuten kam eine weitere männliche Person dazu. Er trug keine Uniform, hatte jedoch eine Wollhaube auf seinem Kopf, welche bis zu den Augen ins Gesicht gezogen und hochgerollt war. Er war von starker
Statur. Bei dem Gespräch der vier Personen hatte ich den Eindruck, dass sie mich in das andere Fahrzeug geben wollten. Der Mann, welcher erst jetzt dazugestoßen ist, war jedoch dagegen. Die drei Polizisten sind wieder in das Fahrzeug gestiegen. Der vierte Mann ist wieder Richtung Autobahnausfahrt weggegangen.

„Ich habe dir ja gesagt, das ist kein Witz, wir sind ein Spezialkommando, und wir haben Befehl, dich umzubringen

Der Polizist neben mir führte wieder ein Telefonat. Ich konnte jedoch nichts mehr verstehen, da der Polizist im Wiener Dialekt sprach. Wir setzten unsere Fahrt fort, bogen in den Handelskai ein und fuhren im Anschluss zu einer großen Halle. Ein Mann öffnete die Torflügel und wir fuhren in die Halle. In der Halle waren viele Säulen und es war dunkel. Der Polizist, welcher hinter mir gesessen ist hat die Torflügel wieder geschlossen, vielleicht gemeinsam mit dem starken Mann. In der Halle sind alle Polizisten ausgestiegen und ich saß alleine im Fahrzeug. Die Beamten haben die ganze Halle abgesucht, vermutlich ob sich jemand in der Halle befindet. Der Mann, welcher die gesamte Zeit neben mir war kam zum Fahrzeug und fesselte mir mit einem roten Band bzw. Strick die Hände vor dem Körper. Er sagte: „Ich habe dir ja gesagt, das ist kein Witz, wir sind ein Spezialkommando, und wir haben Befehl, dich umzubringen [„I told you, this is no joke, we are a
special squad, and we have orders to kill you“. Er fragte dann „Kennst du Hitler [„Do you know Hitler?“] Ich verneinte und sagte „Ich habe von ihm gehört“ [I heard about him] Er zog den Strick dann fest, und sagte: Hitler kill 6 million Jews, you are 6 million and one. You will see the fate of other people like you.

Er hat mich am Strick aus dem Wagen gezerrt und sagte „Now is the action!“ Die Polizisten haben sich alle schwarze Handschuhe angezogen und ich wurde mit dem Seil aus dem Fahrzeug gezogen. Alle drei Polizisten sind nun auf mich losgegangen und haben mit Fäusten auf mich eingeschlagen und mit den Füßen auf mich eingetreten.

„sag dein letztes Gebet und dreh dich nicht um“

Als ich bereits am Boden lag, traten die Polizisten weiter auf mich ein. Der Polizist, welcher im Fahrzeug neben mir saß, zog mich in die Höhe, zerrte mich in eine Ecke und sagte zu mir „sag dein letztes Gebet und dreh dich nicht um“ (Say your last prayers, and never look back!). Ich habe um Gnade gebeten, meine Frau wisse gar nicht, dass ich hier bin, er solle meine Familie
 nicht zerstören. (Don’t destroy my family!) Er sagte zu mir nur „bete“. Ich habe zu Gott gebetet. Der Mann der im Fahrzeug hinter mir saß, kam nun auch zu mir, hielt etwas in der Hand, ich glaubte es war eine Granate oder Gasgranate. Er fragte mich, kennst du das. (Do you know this?) Ich habe nicht darauf geantwortet. Dieser Mann hat sich wieder von mir entfernt.

Alle drei Polizisten sind jetzt einige Meter hinter mir gestanden, und ich glaubte nun, dass sich jetzt auf mich schießen werden. Der vierte Mann, welcher ebenfalls in der Halle war, er stand jedoch etwas abseits, unterhielt sich mit den anderen Männern. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Mann dagegen war. Zwei Polizisten sind zu mir gekommen, ich kann nicht sagen, welche, ich hatte meine Augen geschlossen, und haben mich an meinen Handfesseln in Richtung Tor gezerrt, sodass ich am Boden nachschleifte. Sie haben mich dann auch den Boden gesetzt, mit dem Gesicht zum Fahrzeug, nach einiger Zeit habe ich mich umgedreht und sah, dass der Fahrer, jener welcher auch vorher das Fahrzeug gelenkt hatte, wieder in das Fahrzeug eingestiegen ist. Er ist mit dem Fahrzeug im Rückwärtsgang auf mich zugefahren und hat mich am oberen Rückenbereich und meinem Genick angefahren, dass ich nach vorne gefallen bin. Dabei habe ich mir den Kopf am Betonboden angeschlagen und habe mir die Verletzung auf meinem Kopf zugefügt. Außerdem hatte ich Schmerzen im Rückenbereich. Jetzt haben sie untereinander geredet und ich hörte das Wort „Fluchtversuch“. Sie müssen mich für tot gehalten haben.

…Ich blutete am Kopf sehr stark. Ich habe tief einatmen müssen und einer der Polizisten sagte, er überlebt…

Sie haben mich vom Boden aufgehoben und in das Fahrzeug gelegt. Nicht auf den Boden, so halb auf die Sitze. Ich
 habe nicht gesehen, wer das getan hat, habe meine Augen geschlossen gehabt, da ich nicht wollte, dass sehen, dass 
ich noch lebe. Wir fuhren dann los. Der Polizist neben mir sagte zum Fahrer, er soll langsam fahren. Ich glaube, er
wollte, dass ich sterben soll. Ich blutete am Kopf sehr stark. Ich habe tief einatmen müssen und einer der Polizisten sagte, er überlebt. Ein anderer sagte „unglaublich“. Ich sagte leise, „ich bin tot, bringt mich ins Krankenhaus.“ (I’m dead, take me to hospital!) Der Polizist neben mir sagte zum Fahrer, dass er jetzt schneller fahren soll, er schafft es nicht. Es ist besser, wenn er tot ist im Spital. Der Polizist neben mir hat nun versucht, mir die Handfesseln (Strick) abzunehmen. Der Strick war jedoch so fest angebracht, dass es der Polizist erst kurz vor dem Krankenhaus schaffte.

Im Krankenhaus wurde ich auf eine Barre gelegt. Die Barre wurde von Zivildienern geschoben. Zu diesen habe ich gesagt, dass ich nicht mehr zur Polizei zurück will, da mich diese umbringen würden. Ich wurde auf die Intensivstation gebracht. Ich habe dann gesagt, dass die Polizisten Mörder sind und dass sie mich mit dem Fahrzeug in einer Lagerhalle angefahren haben. Ich wurde geröntgt und es wurde mir ein Schmerzmittel und eine Tetanusinjektion verabreicht. Ich habe auch eine Stütze für den Hals bekommen. Nachdem die Untersuchung beendet war, wurde ich wieder an die drei Polizisten übergeben. Ich wollte nicht zurück, da mich die Polizisten umbringen wollten. Es wurde jedoch nicht auf mich gehört. Wir waren ca. 45 Minuten im Krankenhaus.

Die Polizisten haben mich wieder zurück in das Fahrzeug gebracht. Sie haben mir helfen müssen, da ich nicht stehen konnte. Als wir außer Sichtweite waren, hat mir der Polizist neben mir die Halsstütze vom Hals gerissen und sagte zum, dass ich sterben werde. Er hat weiters gesagt, dass ich sterben werde, wenn ich jemanden erzähle was passiert ist und dass ich keine ärztliche Hilfe bekomme. (I told you, you will die. If you say to anybody what happened you’re going to die. You’ll have no medical treatment).

Als ich wieder ins Polizeigefangenenhaus gekommen bin, fragte ich um meine Halsstütze. Ich habe sie jedoch nicht bekommen. Ich hörte, dass alle nur von einem Fluchtversuch gesprochen haben. Ich wollte meine Frau anrufen. Es wurde mir jedoch nicht gestattet. Am selben Tag wurde ich auch noch im Gefangenenhaus einem Arzt vorgeführt. Als ich zum Arzt kam, haben bereits die drei Polizisten mit dem Arzt gesprochen. Ich habe dann den Arzt um eine Halsstütze ersucht und er hat gesagt, dass ich gar nichts bekomme, da ich einen Fluchtversuch unternommen habe. Die Beamten haben
alle nur gelacht, und ich wurde in eine Einzelzelle gebracht.“

Quelle: APA zitiert aus Afrikanet.info  (17. April 2006)


4 Kommentare

  • Michael W. Büchi

    Es ist erschreckend, dass die Frustration seitens der handelnden Polizeifunktionäre über eine misslungene Ausschaffung zu solchen Reaktionen führen konnte.Ich hoffe, dass es nicht nur bei der Strafe bleibt sondern dieser Vorfall innerhalb des Polizeicorps thematisiert und aufgearbeitet wird. Geschrieben um 4. Juni 2012 um 11:40 Uhr Antworten
  • Heinz

    Wow, was für eine fürchterliche Geschichte. Hatte davon vorher nichts gehört in anderen Medien (komme aus Deutschland). Es ist zwar in Deutschland allgemein bekannt, dass es in Wien und anderen Städten Österreichs immer wieder zu rassistischen und neonazistischen Übergriffen kommt - aber mit solchen Todesschwadronmethoden hätte ich nicht gerechnet! Geschrieben um 15. Mai 2012 um 11:14 Uhr Antworten
  • Erika Nemeth

    Schande für Österreich,aber das ist die Wahrheit und die Polizisten werden so ausgebildet. Ein Land Teilweise ohne Herz und Gefühle.Ich frage mich nur wie kann mann mit so viel Hass und Unmenschlichkeit leben? Vielleicht wenn die einmal im Leben d.selbe durchmachen? wünsche es mir... Geschrieben um 25. April 2012 um 19:58 Uhr Antworten
    • john doe

      @ Erika Nemeth: WIE BITTE??? "die Polizisten werden so ausgebildet" Sie besitzen allen Ernstes die Frechheit die gesamte Polizei in Österreich mit diesen 3/4 Folterern gleichzusetzen bzw. behaupten sogar, daß so ein Verhalten trainiert wird? Schade, das sich auf so wichtigen und wertvollen Medienplattformen immer wieder auch extreme Schwachköpfe herumtreiben müssen... Geschrieben um 4. Juli 2012 um 14:07 Uhr

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