Schwarze Menschen in Österreich, Jahresbericht 2009

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  • Schwarze Menschen in Österreich 2009, Lagebericht
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09.06.2010 | 13:10 | simon INOU und Clara Akinyosoye

Angesichts der Fußball-Weltmeisterschaft 2010, die zum ersten Mal auf afrikanischem Boden – in Südafrika – stattfindet, sind der afrikanische Kontinent, seine BewohnerInnen und seine Diaspora kurzzeitig in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Afrikanet.info und AFRA haben die Gelegenheit genützt um auf die Situation von in Österreich lebenden Schwarzen Menschen aufmerksam zu machen. Der Bericht basiert auf Erfahrungen der letzten zehn Jahre in den schwarzen Communities und zeigt ihr vielfältiges Engagement in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen, medialen und politischen Bereichen. Die Schwarzen Communities sind ein dynamischer Bestandteil der österreichischen Gesellschaft. Doch sie sind auch ganz besonders von Rassismus betroffen. Durch den ganzen Bericht zieht sich klar ersichtlich ein roter Faden: der Anti-Schwarze Rassismus.

Der Bericht kann in fünf zentrale Punkte zusammengefasst werden:

Wirtschaft: Die Textilindustrie in Vorarlberg kann nur dank nigerianischer Investitionen überleben. NigerianerInnen investieren pro Jahr zwischen 50 bis 80 Mio. Euro in die Stickereienwirtschaft Vorarlbergs. Ein Visum nach Österreich für Unternehmer aus Afrika ist wegen der strikten Einreisebestimmungen schwer zu erhalten. Der Ausschuss der Afrikanischen Unternehmen in Österreich, oder African Business Board (ABB) setzt sich mit diesen und anderen Schwierigkeiten auseinander. Unternehmer aus Österreich müssen sich mitunter in einem Drittland mit afrikanischen Unternehmern treffen, da sie für Österreich kein Visum erhalten. Schwarze Unternehmer, die im Gastgewerbe tätig sind sehen sich oft mit Polizeikontrollen und Anzeigen konfrontiert. Sie werden im Gegensatz zu weißen Lokalbesitzern vermehrt von AnrainerInnen angezeigt und von der Polizei kontrolliert. Das führt dazu, dass die Gäste ausbleiben. Problematisch gestaltet sich oft auch die finanzielle Lage Schwarzer Unternehmer. Sie haben Schwierigkeiten von Banken Kredite zu bekommen, selbst wenn es sich um kleine Summen im Bereich von 2000 Euro handelt. Allein in Wien gibt es rund 600 Unternehmen, die von Menschen afrikanischer Herkunft betrieben werden.

Medien: Mediale Berichterstattung in den Qualitätsmedien hat sich in den letzten zehn Jahren sehr verbessert. In den Boulevardmedien ist die einseitige Berichterstattung gleich geblieben. Damit die Berichterstattung über Schwarze Menschen nicht einseitig und stereotyp bleibt sind in den letzten dreizehn Jahren verschiedene Medieninitiativen entstanden, die ein differenziertes Bild von Schwarzen zeigen wollen. Die erste Initiative war Radio Afrika, das seit rund dreizehn Jahren auf ORF Radio 1476 gesendet wird. Es gibt zahlreiche Radiosendungen in Österreich, die sich mit Afrika beschäftigen und die ihre eigenen Ansichten des Kontinents, der BewohnerInnen und der Diaspora vermitteln wollen. Im Printbereich leistete die „Tribüne Afrikas Print“, die von 2000 bis 2005 in der österreichischen Tageszeitung „Wiener Zeitung“ erschien Pionierarbeit. Im Onlinebereich besteht seit dem Jahr 2003 „Afrikanet.info“, das größte Informationsportal über die schwarze Diaspora im deutschsprachigen Raum. Schwarze MedienmacherInnen sind aus der österreichischen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. In den Mainstream-Medien jedoch sind erst sehr wenig Schwarze JournalistInnen (Claudia Unterweger – FM4, Clara Akinyosoye – M-MEDIA/Die Presse) vertreten.

Anti-Schwarze Rassismus: Schwarze Menschen in Österreich sind besonders von Rassismus betroffen. Das bestätigen auch alle Berichte internationaler, sowie nationaler Organisationen. Diese spezielle Form von Rassismus gegenüber Schwarzen nennt sich Anti-Schwarze Rassismus. Allein aufgrund des physischen Merkmals – der schwarzen Hautfarbe – werden Schwarzen Menschen bestimmte negative Verhaltensweisen zugeschrieben. Diese negativenVerhaltensweisen erzeugen auf Seiten Weißer Menschen Angst. Angst wiederum führt zu Vermeidung. In einem Land, in dem Schwarze Menschen aber Teil der Gesellschaft sind, ist ein Vermeidungsverhalten aber nicht möglich. Weiße Menschen sind „gezwungen“ sich mit Schwarzen auseinanderzusetzen. Das führt zu Ablehnung. Von dieser Ablehnung sind Schwarze Menschen in allen Lebensbereichen betroffen. Sowohl im Alltagsleben, d.h. auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Geschäften und Lokalen etc., als auch im Berufsleben und Aufeinandertreffen mit der Polizei sind sie mit Anti- Schwarze Rassismus konfrontiert. Von Beschimpfungen bis hin zu offenen Angriffen. Auch in der Sprache zeigt sich, dass „Schwarz“ negativ besetzt ist: „Schwarzfahren“, „Schwarzmalen“, „Schwarzarbeit“. Besonders zeigt sich der Anti-Schwarze Rassismus in einem strukturellen Anti-Schwarze Rassismus im Polizei- und Justizsystem. Diesem Rassismus sind schon viele Schwarze Menschen zum Opfer gefallen. Nach dem nicht legitimen Systems, des Ethnic Profilings werden besonders Schwarze Männer von der Polizei kontrolliert und durchsucht. Schwarze Menschen sind auch in den Nachbarländern Österreichs und vielen europäischen Ländern besonders von Rassismus betroffen.

4. Kunst und Kultur: Die österreichischen Kulturinstitutionen fördern und verbreiten ein folkloristisches Bild von afrikanischer Kunst und KünstlerInnen. Obwohl KünstlerInnen afrikanischer Herkunft sich in vielen Kunst- und Musikrichtungen wiederfinden. 2009 nahm erstmals ein schwarzer Sänger (Yves Chikuru) beim Grand Prix der Volksmusik teil. Es gibt eine Vielzahl von KünstlerInnen in Österreich. Jedoch sind viele KünstlerInnen oft mit finanziellen Problemen konfrontiert. Eine große Rolle im Kunst- und Kulturbereich Schwarzer Menschen spielt auch Selbst – Empowerment. Sie wollen nicht immer nur als Objekte, sondern als AkteurInnen selbst ihre eigenen Bilder erzeugen. Die schwarzen Communities in Österreich sorgen für ein reges Vereinsleben. Bundesweit gibt es viele Vereine, die sich mit kulturellen, musikalischen, politischen oder auch medialen Lebensbereichen Schwarzer Menschen auseinandersetzen.

Politische Partizipation: Im EU Vergleich hinkt die Partizipation Schwarzer Menschen in der österreichischen Politik eher hinterher. Aber viele Schwarze Menschen sind sich der Wichtigkeit von politischer Partizipation bewusst. Sie wollen an den politischen Vorgängen im Land mitwirken. Die Projekte, MIMPOL (1+2), die vom Verein AFRA initiiert worden sind, hatten den Zweck Menschen mit Migrationshintergrund mit Politik und PolitikerInnen bekannt zu machen und ihnen zu einer möglichen politischen Karriere zu verhelfen. Politische Parteien und ihre Institutionen zeigen sich gegenüber Schwarzen Menschen jedoch noch immer weitgehend verschlossen. Im Jahr 2009 wurde zum ersten Mal in Österreich eine Schwarze Gemeinderätin in Linz (Marie- Edwige Hartig) gewählt. Anfang des Jahres 2010 schlossen sich erstmals communityübergreifend Schwarze Menschen zusammen. Die AfrikaVernetzungsPlattform (AVP – www.afrikaplattform.at )wurde gegründet um die Belange der Schwarzen Bevölkerung Österreichs zu vertreten.

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