Wie „I have a dream“ auch Österreicher prägte

28.08.2013 | 14:24 | Clara Akinyosoye

Am 28. August 1963 – vor genau 50 Jahren hielt Martin Luther King eine Rede, die in die Weltgeschichte eingegangen ist. Die „I have a dream“-Rede hatte eine wichtige Bedeutung für die Bürgerrechtsbewegung in den USA. Aber auch abseits von Amerika blieb die so oft zitierte Jahrhundertrede keinesfalls unbemerkt. M-MEDIA hat sich bei österreichischen Persönlichkeiten umgehört wie sie die Rede erlebt haben und welche Bedeutung King’s Dream für sie hatte. 

 

 

Andreas Khol, geb. 1941, Obmann des Seniorenbunds: Am 28.8. 1963 sah ich meiner Promotion im November in Innsbruck entgegen.  Die Rede erlebte ich in Kurzfassung und las sie dann nach. Sie schlug bei mir ein wie eine Bombe – damals noch ein begeisterter USA Freund:  die USA als Verteidiger der Freiheiten Europas gegen den Sowjetkommunismus. Die in Amerika bestehende Rassendiskriminierung war mir nie bewusst geworden – hier lernte ich sie kennen. Zusammen mit der brutalen Kriegsführung in Vietnam  ernüchterte die Rede – und sie prägte mich. Dass ich mich entschied, mich mit dem Thema das internationalen Menschenrechtsschutzes zu habilitieren , ist auch eine Folge der erschütternden Rede von Martin Luther King. 
Anneliese Rohrer, geb. 1944, Journalistin: Rückblickend hat es mich immer verblüfft, Mitte August 1963 mein Schuljahr in den USA begonnen und absolut nichts von Martin Luther Kings “Dream” erfahren zu haben. Die Bürgerrechtsbewegung war im Norden der USA, konkret in Toledo, Ohio, kein Thema. Die Erfahrung des Desinteresses am Marsch auf Washington im Norden der Staaten hat  zu einem besseren Verständnis der Zerrissenheit der USA geführt – heute noch. Mehr noch: Durch die Zeit der Ausschreitungen und all jener Jahre, in denen die USA am Rande eines Bürgerkriegs schienen, hat sich meine Überzeugung gefestigt, dass die USA mehr als jeder andere Staat die Fähigkeit besitzen, sich immer wieder neu zu erfinden.

Susanne Scholl, geb. 1949, Journalistin, Schriftstellerin: Ich war noch ein Kind, als Martin Luther King seine berühmte Rede hielt.  Ein Kind, das mit der Angst vor Verfolgung aufgewachsen war. Ein Kind, dessen Eltern sich nur durch Flucht dem mörderischen Zugriff der Nazis hatten entziehen können. Entsprechend sensiblisiert für alle, die verfolgt und unterdrückt wurden,  konfrontiert immer wieder mit Erzählungen von zerbrochenen Leben. Und natürlich hatte ich damals auch „Onkel Toms Hütte“ gelesen. Und dann stand da dieser Mann und sprach von einem Traum. Von einem Traum, der eigentlich Realität sein sollte, musste – wie ich als naives Kind dachte. Und wie ich bis heute immer noch denke.

Hubert Feichtlbauer, geb. 1932, Journalist, ehemaliger Furche-Chefredakteur: Der 28. August 1963 hat mich seinerzeit noch nicht so elektrisiert wie die Weckung der Erinnerung an das, was seither im Geist dieser Rede geschehen ist. Man hatte noch keinen so leichten Zugang zu O-Ton und live-Berichterstattung wie heute. Aber wie nach der Inaugurationsrede von John Kennedy spürte man bald, dass auch Martin Luther King mit dieser Ansprache vor dem Lincoln Memorial nicht nur 250.000 Demonstranten auf der Washington Mall entfesselt, sondern Geschichte geschrieben hatte.  Ein Mann, ein Satz, ein Echo hat Träume vieler Menschen von  Gerechtigkeit und Frieden geweckt. Sie sind heute tiefer im Bewusstsein verankert und weiter verbreitet als je zuvor. Sie werden nachhallen bis ans Ende der Zeiten.

Auszug aus der Rede:

I have a dream that one day this nation will rise up, and live out the true meaning of its creed: ‘We hold these truths to be self-evident: that all men are created equal.’I have a dream that one day on the red hills of Georgia the sons of former slaves and the sons of former slave owners will be able to sit down together at a table of brotherhood. I have a dream that one day even the state of Mississippi, a state sweltering with the heat of injustice and sweltering with the heat of oppression, will be transformed into an oasis of freedom and justice. I have a dream that my four little children will one day live in a nation where they will not be judged by the color of their skin but by the content of their character. I have a dream today!


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