Wien: Ägyptischer Wahlkampf in Österreich

16.10.2011 | 14:38 | Amin Elfeshawi

Das Land am Nil befindet sich seit der Revolution im Jänner  im politischen Umbruch. Parlament und Präsident werden neu gewählt. Präsidentschaftskandidaten wie Abdelmonaem Abou El Fotouh werben selbst in Österreich um Stimmen und Sympathie.

Am gestrigen Samstag lud die Gruppe „Jugend für Ägypten in Österreich“ Abdelmonaem Abou El Fotouh nach Österreich ein, der neben den ehemaligen IAEO-Chef Mohamed El Baradai und den einstigen Außenminister Amr Moussa als einer der Favoriten gilt. Erste Station bei seinem Österreich-Aufenthalt war am Samstagvormittag die Wiener „Al Andalus“-Schule im 23. Bezirk, wo zirka 80 großenteils Jugendliche den ägyptischen Politiker lauschten. Abends zog der Präsidentschaftskandidat ins „Haus der Begegnung“ im 22. Bezirk, wo mehr als 500 Zuhörer den Saal füllten.

Austro-ägyptisches Wählerpotenzial

Nach Jahrzehnte langer Diktatur beginnt in Ägypten nun ein demokratischer Prozess. Derzeit befindet sich die Macht noch in den Händen des Militärrates, doch im November soll ein Parlament und voraussichtlich im März nächsten Jahres ein Präsident in der formellen Präsidialrepublik gewählt werden. Mit rund 22.000 Menschen mit ägyptischer Staatsbürgerschaft in Österreich ist das Wählerpotenzial hierzulande nicht zu unterschätzen.

„Loyalität zu Österreich und Ägypten kein Widerspruch“

Der ägyptische Präsidentschaftskandidat appellierte an die Jugend mit ägyptischen Wurzeln sich als Bürger Österreichs aktiv an dem gesellschaftlichen Leben in Österreich zu beteiligen und dieser nützlich zu sein. „Es steht in keinster Weise im Widerspruch sowohl Österreich als auch Ägypten gleichzeitig gegenüber loyal sein zu können“, so der ägyptische Präsidentschaftskandidat. Auf die ägyptische Revolution bezogen meinte Abou El Fotouh, dass diese die wichtigste in der Geschichte Ägyptens sei und Ägypten einen radikalen Nachholbedarf in so ziemlich allen Bereichen hätte.

Angesichts der andauernden Proteste in Ägypten meinte der Präsidentschaftskandidat, dass Demonstrationen ein Zeichen der Freiheit und Meinungsäußerung seien. In den letzten drei Jahrzehnten war die ägyptische Bevölkerung gegeißelt von einem diktatorischen Regime und mit der plötzlichen Befreiung von diesem, wäre dem ägyptischen Volk mit einem Schlag alle Freiheiten gewährleistet. Dennoch müssten die Ägypter noch lernen damit adäquat umzugehen.

„Kopten keine Minderheit“

Als Reaktion auf die Ausschreitung bei einer Demonstration koptischer Christen mit 25 Toten letzte Woche, weigerte sich Abou El Fotouh den Begriff „Minderheit“ zur Beschreibung von Kopten zu verwenden. „Dieses Wort dient nur zur Bezeichnung einer zugezogenen Volksgruppe. Dies ist bei den koptischen Christen daher nicht anwendbar, da sie einen Kern der ägyptischen Bevölkerung darstellen“, sagte der Politiker. Die Verantwortlichen für die Tumulte seien zur Rechenschaft zu ziehen.

Mohammed Tarabia, Vorstandsmitglied der Jugendorganisation „Jugend für Ägypten in Österreich“ beteuerte die Wichtigkeit der Veranstaltung, da man somit direkt mit den Politikern kommunizieren und sich informieren könne. Tarabia wies darauf hin, dass Abou El Fotouh nicht der erste, sondern bereits der dritte Präsidentschaftskandidat ist der nach Österreich gekommen war. Der Verein ist darum bemüht weitere Kandidaten nach Österreich einzuladen.Vor Abdelmonaem Abou El Fotouh haben etwa Hischam Al-Bastawisi und Abdallah Meschaal, die mit rund fünf weiteren Kandidaten um die ägyptische Präsidentschaft wetteifern, Österreich besucht.


ein Kommentar

  • Menerva Hammad

    Ich finde diesen Artikel einfach super geschrieben. Jemand der nicht daran teilnahm, kann sich genau vorstellen was dort ablief! Ich persönlich war eine der OrganisatorInnen und bin stolz auf unsere Leistung an diesem Abend. Geschrieben um 18. Oktober 2011 um 12:23 Uhr Antworten

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