Ägyptens Medien im Wahlkampfcountdown

27.11.2011 | 9:20 | Amin Elfeshawi

Morgen wird zum ersten Mal in der modernen Geschichte Ägyptens ein demokratisches Parlament gewählt. Die Berichterstattung ägyptischer Medien über die letzten Vorbereitungen zur Wahl ist vielfältig und nicht ganz unumstritten.

Ägyptens Weg zur ersten freien Wahl eines demokratisch gewählten Parlaments nach Jahrzehnte langer Diktatur ist steinig und schwer. Ein paar Tage vor der Ausführung der Wahl tobt ein Machtkampf zwischen dem Militärrat und Demonstranten, der bereits 38 Tote und hunderte Verletzte gefordert hat. Dennoch, so der Militärrat, soll die Parlamentswahl am Montag, den 28. November, wie geplant durchgeführt werden. Die ägyptischen Medien reagieren unterschiedlich auf die derzeitigen Umstände und legen ihren Fokus der Berichterstattung verschiedenartig an. So kann man erkennen, dass der Brennpunkt bei den regierungsnahen Medien wo anders liegt, als bei den oppositionellen.

Staatsmedien noch immer unreflektiertes Sprachrohr der Regierung?

Trotz des Sturzes des mittlerweile im Gefängnis befindlichen Despoten Hosni Mubarak, keimt der Vorwurf gegenüber den staatlich geführten Medien auf, dass diese mit den demokratischen Entwicklungen nicht mitgehen und sich weiterhin den Machthabenden gefügig machen würden. Diese Kritik wurde insbesondere vor einem Monat nach der Eskalation eines Protestes von Kopten laut. Dem gegenüber stehen einige neu entstandene private Fernsehkanäle wie „Al Nahar“, „Tahrir Channel“ oder auch bereits vor der Revolution existierende, wie „Al Mahwar“.

Sowohl unabhängige und oppositionelle Zeitungen als auch private Fernsehkanäle zeigen sich selbstbewusster im Umgang mit den Regierungsapparaten und scheuen auch nicht vor Einschüchterungsversuchen von Seiten der Armee oder des Innenministeriums zurück. Al Mahwar – Moderator Amr Al-Lithi wies den Polizeidirektor Alexandrias zurecht, nachdem dieser den Moderator beschuldigt hatte, er würde nur daheim sitzen und nichts von den Geschehnissen mitbekommen und verstehen. Al-Lithi forderte den leitenden Polizisten umgehend auf die Grenzen des gegenseitigen Respekts einzuhalten. Diesem Wunsch kam der Staatsbeamte nicht nach, woraufhin man ihn aus der Leitung nahm.

Viele Zeitungen, verschiedene Fokussierungen

Die Schlagzeilen der ägyptischen Zeitungen sind wegen den vielen Ereignissen um die Wahl, nämlich den Demonstrationen in den meisten ägyptischen Großstädten und der Ernennung der neuen Übergangsregierung von Kamal El-Ganzoury nicht einheitlich. Einer der meistgelesenen Zeitungen ist die regierungsnahe „Al Ahram“.  Bezugnehmend auf die Demonstration in dem Kairoer Abbasiya-Viertel titelte sie: „Tausende strömen auf den Abbasiya-Platz um Forderungen an den Militärrat zu stellen, trotz der derzeitigen Umstände im Land. Und Feuerwehrskörper erhellen den Himmel in Abbasiya“. „Al Masry Al Youm“, eine unabhängige Zeitung, beschäftigt sich mit der letzten Donnerstag neu ernannten Übergangsregierung, deren Entstehung von dem besagten Journal rosig als „Kaiserschnitt“ beschrieben wird.

Die meisten ägyptischen Politologen sind sich einig, dass die gut organisierte Partei der Muslimbruderschaft einen hohen Sieg zu erwarten hat. Auf ihrer Internetseite „ikhwanonline“ geht man bereits Details der Wahldurchführung und den Wahlkommissionen durch. Zweitgrößte und einer der ältesten Parteien im Land ist die liberale „El Wafd“. Ihr Journal beschäftigt sich damit, dass eine Übergangsregierung mit Personen, die von anderen liberalen Parteien vorgeschlagen worden sind nicht zustande kommen könnte.


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