Kleiner Hauch von Vielfalt in Frankreichs Parlament

GEWÄHLTE ABGEORDNETE (ALLE PS):
  • Chay­nesse Khi­rouni (Nancy)
  • Corinne Naras­si­guin (Aus­lands­fran­zo­sen)
  • Hélène Geoff­roy (Lyon)
  • Kader Arif (Haute-Garonne)
  • Kheira Bou­ziane (Dijon)
  • Malek Bou­tih (Essone)
  • Pou­ria Amir­s­hahi (Aus­lands­fran­zo­sen)
  • Razzy Ham­madi (Seine Saint Denis, Mon­treuil et Bagno­let)
  • Sey­bah Dagoma (Paris)
  • Im Übrigen war das französische Parlament schon einmal vielfältiger, paradoxerweise nach dem zweiten Weltkrieg, als Frankreich noch eine Kolonialmacht war. Denn damals entsandten die unterworfenen Länder VertreterInnen in die Nationalversammlung. Leider nicht umsonst sind die ehemaligen Kolonien auch jene Gebiete, deren KandidatInnen bislang für die Vielfalt im Parlament sorgten. So ist etwa der Minister für die Überseeterritorien das traditionell schwarze Mitglied der Regierung. Ein anderes Detail aus der damaligen Zeit: Nach dem zweiten Weltkrieg hatte Gasto Monnerville (http://fr.wikipedia.org/wiki/Gaston_Monnerville) zwanzig Jahre lang das Amt des Senatspräsidenten inne.

19.06.2012 | 10:22 | Sonja Fercher

Zehn Abgeordnete mit Migrationshintergrund ziehen in die Nationalversammlung ein. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber immerhin!

„Wir waren in der Nationalversammlung, doch dort haben wir nur Weiße angetroffen.“ Mit diesen Worten kommentierte die französische Musikgruppe Zebda bei einem Konzert Ende letzten Jahres eine erstaunliche Tatsache: Obwohl unübersehbar ist, dass Frankreich ein multikulturelles Land ist,  spiegelt sich dies nicht in seinen politischen Institutionen wider, ganz im Gegenteil: In der Nationalversammlung war bis vor kurzem gerade einmal eine schwarze Abgeordnete vertreten, die nicht in einem Wahlkreis in den Überseegebieten gewählt wurde: George Pau-Langevin, inzwischen delegierte Ministerin für schulischen Erfolg in der neuen linken Regierung unter Jean-Marc-Ayrault.

Insgesamt hatte die sozialistische Partei (PS) 25 KandidatInnen ins Rennen geschickt, die mehr Vielfalt ins Parlament bringen sollten. Zehn davon würden in „guten Wahlkreisen“ kandidieren, hatte Parteichefin Martine Aubry im Mai erklärt. Es sind denn auch die KandidatInnen aus den „guten Wahlkreisen“, die am Sonntag den Sprung ins Parlament geschafft haben. Sie traten in Dijon an, in Nancy, für die AuslandsfranzösInnen, im Rhonetal oder in der Nähe von Toulouse. Ihr so genannter Migrationshintergrund erstreckt sich vom Tschad über Algerien oder Tunesien bis hin zum Iran.

Ministerin George Pau-Langevin, die aus dem Überseegebiet Guadeloupe kommt, hat vergangenen Sonntag als Kandidatin das beste Ergebnis errungen: Sie ging mit 73,5 Prozent als Siegerin aus der Stichwahl in einem Pariser Wahlkreis hervor. Das zweitbeste Ergebnis errang Seybah Dagoma: Die Politikerin mit tschadischem Hintergrund wurde mit 70 Prozent in die Nationalversammlung gewählt.

Interessanter Weise ist der PS die einzige Partei, auf deren Ticket nun vielfältige Abgeordnete ins Parlament einziehen. Zwar hatten auch die Grünen eine Kandidatin „der Vielfalt“, doch Léla Bencharif unterlag einem konservativen Abgeordneten. Auf konservativer Seite wiederum herrscht ziemliche Leere. Dabei war es Nicolas Sarkozy, der im Jahr 2007 als neu gewählter Präsident die Richtung vorgab, der nun die sozialistische Partei gefolgt ist: Er ernannte mit Ramah Yade und Rachida Dati zwei Frauen mit Migrationshintergrund zu Ministerinnen. Doch Ramah Yade schied dieses Jahr schon im ersten Wahlgang aus. Rachida Dati wiederum musste ihren Pariser Wahlkreis Sarkozys Ex-Premier Francois Fillon überlassen. Doch Parteipolitik hin oder her: Was sind schon zehn „vielfältige“ Abgeordnete im Verhältnis zu den 577 Abgeordneten, die die französische Nationalversammlung bilden? Oder was sind schon zehn gegenüber 302 sozialistischen Abgeordneten? Es kann nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein – aber immerhin!Die französische Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird auf 10% geschätzt.Zehn Abgeordnete stellen,laut dem Repräsentativen Rats der Vereinigungen Schwarzer in Frankreich (CRAN) nur 1,4% der gesamten Bevölkerung dar.

 


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