Slowenien: Erste Moschee nach mehr als 30-jähriger Verhandlung

29.12.2011 | 12:48 | Amin Elfeshawi

Am 5. Dezember wählte Slowenien ein neues Parlament. Als Sieger trat der ehemalige Geschäftsmann Zoran Jankovic hervor – ein Atheist, der nun dafür sorgt, dass Sloweniens Muslime erstmals eine Moschee bekommen. Für Tarafa Baghajati, Vorstandsmitglied der „Platform for intercultural Europe“ ist der Sieg von Jankovic ein positives Beispiel dafür, wie Politik auch ohne Islamfeindlichkeit funktionieren kann. 

Wien/Laibach. Nach mehr als drei Jahrzehnten Verhandlung ist es nun soweit: Sloweniens 50.000 Muslime bekommen ihre erste sichtbare Moschee. Kirche, Medien und Politik hatten sich lange gegen den Bau eines Gebetshauses für Muslime gewährt. Doch mit der neuen politischen Entwicklung Sloweniens weht der Wind nun aus einer anderen Richtung.

Der 5. Dezember 2011 wird vielen Slowenen noch lange in Erinnerung bleiben, jedoch ganz besonders dem neuen Premierminister Zoran Jankovic, der mit seiner Partei „Positives Slowenien“ alle Wahlprognosen hinter sich gelassen hat und zur Überraschung aller, den ersten Platz belegte. Jankovic, ein bekennender Atheist, löste Borut Pahor (SD) als Regierungsoberhaupt ab und will nun einen neuen Umgang mit Sloweniens Minderheiten einführen. So wahrt Jankovic zwar Abstand zu allen Religionen, spricht aber genauso allen die gleichen Rechte zu. Für die Errichtung der ersten Moschee in Slowenien wurde ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben, denn die einzige Voraussetzung für den Bau einer Moschee ist für Jankovic, dass sie architektonisch zum Bild der Stadt passt.

Wahlsieg ohne Islamfeindlichkeit

Fünf Tage vor der Wahl tagte in Ljubljana eine Konferenz der „Plattform for intercultural Europe“, eine Organisation, die sich auf Europas Diversität und Minderheiten fokussiert. Auf dieser Tagung war auch das Thema des Moscheebaus in Slowenien präsent. Tarafa Baghajati, Vorstandsmitglied der Plattform, zeigte sich erfreut über den Wahlsieg einer Partei, die ohne islamfeindliche Inhalte Erfolge erzielen konnte. Gerade in Zeiten, in denen rechtspopulistische Parteien europaweit mit Islamophobie bzw. Islamfeindlichkeit punkten und dieser Diskurs vermehrt durch Parteien der Mitte mitgetragen wird, sei die Wahl ein besonderes Zeichen. Für Baghajati bedeuten die islamfeindlichen Wahlsprüche, die in vielen Teilen Europas Geltung finden, eine Identifikationskrise.

„Wirtschaftskrise führt zu Identitätskrise“

„Die Wirtschaftskrise kommt gemeinsam mit einer Identitätskrise und man kann zwei Wege einschlagen. Entweder den Weg der Ausgrenzung oder den des sozialen Zusammenhalts“, sagt Baghajati. Er plädiert für eine Änderung der Debatte. Statt einer Integrationsdebatte solle eine Debatte des sozialen Zusammenhalts geführt werden, in der zu klären sei, welche Rechte und Pflichten jeder einzelne Bürger der Gesellschaft zu übernehmen habe und wie eine solidarische Gesellschaft durch Zusammenhalt und nicht durch gegenseitige Bevormundung zu erreichen wäre. Im Moment würden Wertedebatten politisch instrumentalisiert. „Bei der Wertedebatte wird eine Debatte über Werte mit der einer Lebensweise vermischt. Die Werte sind klar. Sie beinhalten Menschenrechte, Gleichberechtigung, Frauenrechte, Gleichheit vor dem Gesetz. Das sind alles universelle Werte“. In den gängigen Wertedebatten würden aber Lebensweisen besprochen werden, etwa private Angelegenheiten, wie die Auslegung des sich Ankleidens, des Feierns oder der Form des Trauerns.

Politiker mit Mut

Tarafa Baghajati wirft den europäischen Politikern sich zur Wahlkampfzeit einer islamfeindlichen Rhetorik zu bedienen. „Die Mainstream-Politik in Europa kippt zur Wahlkampfzeit zum Rassismus.“ Es sei wichtig mutige Politiker zu haben, die für alle da sind. „Siehe Ljubljana, eine offene Politik, die keinen Verlust mit sich trägt“, so Baghajati. Islamfeindlichkeit würde nicht nur von der politischen Riege betrieben, sondern sei bereits als kultureller Rassismus zu verstehen, da für diesen sowohl eine politische als auch gesellschaftliche Billigung ausgesprochen werde. „Ethnisch definierte Rassismen würden sofort sanktioniert. Mit Islamfeindlichkeit kann jeder ohne Sorge einer Konsequenz operieren“, meint Baghajati.

Durch den islamfeindlichen Diskurs in Europa sei das gesetzliche Gleichheitsprinzip gefährdet, da Muslimen juristisch verankerte Bauverbote auferlegt werden, wie dies nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Kärnten und in Vorarlberg der Fall ist. In Kärnten und Vorarlberg wird der Bau von Minaretten durch eine Bauverordnung verhindert. Solche Gesellschaften könne man nicht als eine „solidarische Gesellschaft“ bezeichnen, sagt Baghajati. Dafür wären sie noch nicht reif.


Kommentieren Sie den Artikel





Weitere Artikel von Amin Elfeshawi