Boom von Diversity Management

12.06.2008 | 16:08 | Duygu Özkan

Immer mehr Firmen erkennen gute Seiten von Migranten als Mitarbeitern.

In den USA gehört es längst zur Unternehmenskultur. Nun hält das Konzept des Diversity Managements auch in europäischen Ländern langsam Einzug. Dahinter steckt der bewusste Umgang mit Vielfalt durch Einstellung von Migranten oder Menschen mit Behinderungen, unabhängig von Religion oder sexueller Orientierung.

„Diese Ressourcen wurden oft nicht gesehen, nun erhalten Unternehmer ein Bewusstsein dafür, dass Vielfalt dem Betrieb nützt“, sagt Dominik Sandner von der Unternehmensberatung prove. Sind die Mitarbeiter zufrieden, ist das Unternehmen erfolgreich. „Der Unternehmer muss natürlich Vielfalt wertschätzen und nicht Migranten als betriebswirtschaftliches Instrument sehen“, so Sandner.

Die Stadt Wien etwa hat seit 2004 eine eigene Magistratsabteilung (MA 17) für Diversitätsfragen: die Abteilung selbst besteht zu zwei Dritteln aus Migranten, so Abteilungsleiterin Ursula Struppe: „Mehr als 30 Prozent der Wiener haben Migrationshintergrund. Mitarbeiter der Stadt sollen die Wohnbevölkerung reflektieren.“

 

Kopftuch im öffentlichen Dienst

Dass dieses Vorhaben nicht so einfach in die Tat umgesetzt werden kann, zeigt die Diskussion um kopftuchtragende Frauen im öffentlichen Dienst. Dazu Struppe: „Bei Diversity Management kann und darf Kopftuch kein Thema sein.“ Bei den Wiener Linien dürfen etwa Sikhs als Bus- und U-Bahn-Fahrer einen Turban tragen, bei der Polizei – wegen Uniformvorschriften – ist dies nicht erlaubt. Wirft man einen Blick auf die Führungsetage österreichischer Unternehmen, so sind dort selten Migranten zu finden.

Allerdings: „Diversity Management ist kein Allheilmittel gegen Diskriminierung“, meint Sandner, „aber es trägt dazu bei, Stereotypen und ihre Auswirkungen zu hinterfragen.“ Selbst wenn Vielfalt von der Unternehmensführung explizit betont wird, sind Mitarbeiter mit Migrationshintergrund oft offenem Mobbing ausgesetzt.

Dieses Problem sieht Clementine Althann, Beauftragte für Diversity Management bei IBM, nicht: „Wir sind ein internationales Unternehmen. Ohne Vielfalt wären wir nicht so erfolgreich.“ Dass der bewusste Hinweis auf Vielfalt die Aufmerksamkeit ausschließlich auf Unterschiede lenkt, glaubt sie nicht: „Die Gemeinsamkeit aller Mitarbeiter ist das Unternehmen selbst.“

Buchtipp: Radostin Kaloianov: Affirmative Action für MigrantInnen? Am Beispiel Österreich. Hg. Anton Pelinka/Ilse König, Wien 2008.

(DUYGU ÖZKAN, „Die Presse“, Print-Ausgabe, 12.06.2008)


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